Montag, 10. Dezember 2018

Wortabstand

Die Schrift sprang nicht fix und fertig aus dem Ei.
Latein hatte erst nur Groß­buch­staben und wurde ohne Punkt und Komma continuier­lich ge­schrie­ben.
Später gab es Mitte-Punkte zur Markie­rung der Wort­grenzen.
Um 800 schrieb man Kleinbuchstaben.
Klein- und Großbuchstaben auf der gleichen Seite.
Später wurde das systematisiert: Satzanfänge, Namen, (Sub­stan­tive,) Wichtiges wurde durch Groß­buch­staben hervor­ge­hoben.















Alle wissen, dass Arabisch erst keine Diakritika und keine Vokal­zeichen hatte,
aber es hatte auch keinen Wort­abstand.
Die Grenze markierte man durch spezielle Buch­staben: End­buch­staben (Iso-Form, falls davor kein ver­binden­der Buch­stabe stand).
Da das häufige wau keinen End-Buchstaben hatte, und Alif sehr oft am Anfang stand)
‒ und es nie Alif + Alif IM Wort gibt,
setzte man nach wau am Wortende ein stummtes Alif;
damit war die Sache klar:
die Wortgrenze verläuft zwischen den zwei Alifs.

Und so wie fett-a und kursiv-a keine extra Buch­staben sind,
Groß-A aber doch,
so sind maghrebi-ع, diwani-ع, thuluth-ع keine extra Buchstaben, ـعEnd aber doch.
Alle Experten plappern nach, was man den Kindern im ersten Schuljahr beibringt:
arabische Buchstaben haben vier Formen.
Stimmt aber nicht: Wie bei uns für den /a/-Laut einen normalen und einen Anfangs-/Substantiv-Buch­staben gibt,
so gibt es im Arabischen für /b/ einen normale und einen End-Buch­staben.
Formen gibt es fast so viele, wie es Buch­staben dahinter und davor geben kann.

Die Schreibmaschine zeigt wie es wirklich ist:
10x eine From
16x zwei Formen.
Aber Unicode war so dumm wie die Erstklässler:
Sie legten als internationalen Standard fest:
Arabische Buchstaben haben vier Formen!

1 Kommentar:

  1. „Später gab es Mitte-Punkte zur Markie­rung der Wort­grenzen.“ Die kenne ich noch aus dem Schulunterricht in der ersten Klasse 1959 – 4 Formen arabischer Schrift kamen da allerdings nicht vor :-)
    „Da das häufige wau keinen End-Buchstaben hatte, und Alif sehr oft am Anfang stand) setzte man nach wau am Wortende ein stummtes Alif; damit war die Sache klar: die Wortgrenze verläuft zwischen den zwei Alifs.“ Danke! Danke! Das ist die erste vernünftige Erklärung für das Alif al-wiqāya, die ich jemals gelesen habe. Fischer (§ 7.2) versucht gar nicht erst, das zu erklären sondern konstatiert es einfach.

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Iran VI (1886)