Donnerstag, 2. Mai 2019

Kabul 1352/1934

Der Gizeh-Druck von 1924 ist von Bedeutung,
‒ weil der den maghrebinischen rasm hat (im Großen wie Ibn Naǧāḥ),
‒ weil er die maghrebinischen Art, Langvokale zu schreiben, ein­führt
‒ die maghrebinische Art, Stummheit von Buchstaben zu bezeichen,
‒ die maghrebinische Art, Assimilation zu bezeichen,
‒ die maghrebinischen drei tanwīn-Zeichen einführt,
‒ die asiatischen zwei bis drei madd-Zeichen zu einem vereinfacht,
‒ weil er ein Nachwort hat
     wie die Muxalallātī-Lithographie von 1890 ‒ auch wenn dieses
     vorn eingebunden ist, beim Druck war es als NACH­wort geplant,
     wie viele indische/in­do­nesische Drucke
     vorn oder hinten Erläuterungen haben,
‒ weil er Wortabstand einführt,
     die meisten Ligaturen verbannt und
     grundlinienorientiert ist,
‒ weil er den Text setzt, ein wenig umplatziert im Offset-Verfahren druckt.

Die ersten drei Punkte werden in Ägypten schnell, im Rest Ostarabiens all­mählich übernommen.
Beim Wortabstand gibt es keine eindeutige Übernahme.

Šamarlī und der neue ʿUṯmān Ṭāhā haben nur minimalen,


die neuen türkischen dagegen über­nehmen nur dies und die Grund­linien­orientierung.


Typensatz + Offset-Druck übernimmt ein muṣḥaf,
der weitgehend un­be­achtet geblieben ist:
Der Kabuler Druck von 1352/1934

Gizeh 1924 und Kabul 1934 neben­einander.



Mittwoch, 1. Mai 2019

Namazgah... Kadirgah, Beşiktaş, Delhi, Kairo... Enzyklöpädie des Islam

Ursprünglich wollte ich das komplette "Kein Standard" in diesem Blog abwandern.
Es gab aber keine Kommentare, keine Reaktion.
Am 16.12.18. stellte ich ein Rätsel mit einem Photo aus dem Park von Kadirgah, dem Hafenbezirk der dem Marine-Kalli­graphen, Muṣṭafā Naẓīf, den BeiNamen gab, mit der Frage:
Was für ein Gebäude­typ ist das?
Da es keine Antwort gab, poste ich nur noch gelegentlich.
Die Antwort:
Es ist ein Namazgah, ein Gebets­platz unter freiem Himmel zur Ver­rich­tung des Pflicht­gebets auf Türkisch Namaz. Auch wenn das konkrete Gebäude, um das es geht, auch çeşme/Brun­nen genannt wird, ist es eher ein kleiner Şadır­van/ Was­ser­stelle für die rituelle Reini­gung ‒ plus Gebets­platz oben. Oben wird auch die Richtung nach Mekka ange­zeigt.
In und um Istanbul gab es früher über 100 solcher Gebets­plätze im Freien.
Im Belgrad-Wald gibt es einen beim Valide Bendi (Stau­damm der Sultans­mutter).
Uneingeweihten kommt er wie ein Pick­nick-Platz vor, und die beiden Stelen, die u.a. die Gebets­richtung angeben, sind in Osmanisch, das die wenig­sten Türken lesen können. Deshalb das ein­deutige Schild. (klicken Sie sich durch die Bilder).
Ein typischer Namazgah ist in Albanien erhalten.
Hier ist ein anderer in Istanbul (Achtung Musik, aber okay, falls nicht zu laut).
Ein kleiner, feiner tür­kische web site dazu.
Hier sind die Bilder älter = der Eisenzaun war noch niedriger ‒ die Bilder werden groß, wenn man sie anklickt.
Der Artikel dazu in der Enzyklöpädie des Islam ist leider typisch für die Zweite Ausgabe des Nach­schlage­werkes: Was im Artikel steht (the open structure built usually to the west of a town), ist irgendwie nicht falsch, fasst aber nicht den im Lemma genannten Gegen­stand: In J. Burton-Pages Artikel geht es nicht um "Namaz­gah (pers.)/ Muṣallā (arab.)", sondern um den indischen "ʿĪdgāh", der ganz anders ist als der Istan­buler. Er ist nicht für ein paar Reisende, Flaneure gedacht, denen der Weg zur näch­sten Moschee zu weit ist, die aber einen "Brun­nen" brauchen, um sich vor dem Gebet rituell reinigen zu können, in dem es keine Kanzel gibt, aber die Qibla angezeigt wird.
Der indische ʿĪdgāh ist viel größer: ein umfrie­deter Platz mit einer Mauer auf der Mekka zuge­wandten Seite ‒ mit Kanzel und ohne Brun­nen (weil man ent­weder hunder­te bräuchte oder Stunden warten müsste, bis alle "rein" sind. J. Burton-Pages Beschränkt­heit sieht man sehr schön darin, dass er a) schreibt die Gebets­plätze befänden sich west­lich der Städte, b) die Mihrab­mauer sei im Westen. Dabei meint er "Mekka zuge­wandt". Leider ver­wechseln viele Fach­leute, das Bisschen, was sie kennen mit "DEM Islam". Es gibt nicht nur öst­lich des Hiǧāz Muslime, sondern auch nord-west­lich, östlich, südlich und nördlich!
Und nicht jedes Gebets­haus, Versamm­lungs­haus sieht aus wie die Hagia Sophia
und nicht jeder Koran­druck wie der Kairiner Druck von 1952.

Auch in Indien und Zentralasien sind sie unter freien Himmel, aber viel größer, werden nur an beiden Hochfesten benutzt.
Deshalb heißen sie auch ʿĪdgāh.
Hindus nennen dies zwar Eidgah, es ist aber nur der Mihrab zum riesigen Platz davor, dem eigent­lichen Gebetsplatz.
sehr gut, in Türkisch
In Süddelhi gibt es noch einen, der aber nicht mehr in Gebrauch ist. Es handelt sich um den Hauz Khas Idgah, eigentlich Siri Idgah.
dazu ein Blog.
Wenn Sie Zeit haben und Englisch lesen, empfehle ich Sunken City Siri.

Zurück nach Istanbul, genauer nach Beşiktaş.
Westlich des Yıldız Parks, südlich der Yıldız-Hamidiye-Moschee des letzten wirk­lich regieren­den Sultans gibt es eine Jugen­stil-Moschee&Grab
von dem italienischen Archi­tekten, Raimondo d'Aronco, der 16 Jahre für den Sultan arbeitete, errichtet.
sehr gut, in Türkisch

Wenn Sie unter "Seyh Muhammed Zafir Tomb"
oder "Şeyh Zafir türbesi" suchen, müssten Sie fündig werden.

Enden will ich in Kairo.
Hinter der Azhar, in einer Sack­gasse neben dem offenen Gemüse­markt, findet man Maktabāt al-Bābī al-Ḥalabī. Sie haben noch viele alte Drucke und ver­kaufen auch das letzte Exemplar. Ein Archiv gibt es nicht.
Von einem anderen Mit­glied der Familie gibt es einen Laden nörd­lich der al-Husaini Moschee
und einen dritten an einem Kreis­verkehr in Gamaliya, wo die große Nord-Süd-Straße al-Manṣû­riya von al-Ḥarīrī ge­schnitten wird (genauer durch ein Platz-Kreis­segment ver­bunden sind); wenn ich vor­mittags vorbei­schaute, war der Laden immer geschlossen.
Versuchen Sie es am Abend.

Nachdruck? – nicht wirklich

So wie der zweite Druck der König-Fuʿad-Ausgabe kein Nachdruck ist – Nachdrucke werden mit den alten Platten gemacht –, sondern eine modifi...