Hier vergleiche ich ihn mit dem verbreitetsten muṣḥaf vor 1979; der "Solṭānī" fand seine Gestalt im von Ḥasan ibn ʿAbdalkarīm Harīsī al-Alwanarqī um 1900 auf 476 Seiten à 17 Zeilen geschriebenen Qurʾān Maǧīd. Auf dem Tehraner Druck von 1366/1947 durch ʿAbdor-Raḥmān-e ʿElmī steht: „übernommen vom als Solṭānī bekannten Qurʾān“.
Und hier Bilder von einem etwas kleinformatigerem Druck vom Dez. 1940, Qurʾān Maǧīd, geschrieben von Ṭāhir Ḫusniwīš
Der alte persiche Standard hat noch mehr Lang-Alifs als osmanische Ausgaben, weist Archaismen und Besonderheiten auf; eine Ausgabe von 2004 im Duktus von ʿUṯmān Ṭāhā auf 604 Seiten bewahrt viele davon.
Aufgrund der kompakten Schreibung konnte der Harīsī wohlfeil hergestellt werden.
Er war eher zum Lesen als zum Vortragen gedacht. Deshalb war Harīsī bei der Setzung der madd-Zeichen nachlässig – nicht weil er einen madd-ärmeren Standard im Kopf hatte. Viele persische Schreiber folgen keinem der von mir ausfindig gemachten Standards: Während Nairizī 3x ʿi mit yāʾ schreibt, hat Harīsī 1x und das moderne Zentrum 2x Hamza ohne Träger.
Während ich vom derzeitigen Staatskoran nur ein kleines Bild habe
findet man den des letzten Pahlevi-Schahs AryaMehr (wenn auch an den Rändern abgeschnitten) im Netz (von Nairizī geschrieben, erste Seite: Innahu Kalāmullāh Maġīd, Tehrān 1344š/1965, Surat an-Nās auf p.788):
Das dem Revolutionsführer unterstellte Zentrum zu Druck und Verbreitung des Koran
hat drei Sachen neu eingeführt:erst drei Klein-Vokalzeichen für die Stellen, an den in Handschriften rote Vokalzeichen (VZ) stehen: bei Worten die mit alif-waṣl beginnen, vor denen aber an dieser Stelle pausiert wird, die also hier mit Hamza zu lesen sind, bekommt das Anfangs-alif eine Klein-VZ.
Dann eine völlig neue Art, Langvokale zu schreiben (und zu lesen): Während in Afrika VZ + ḥarf al-madd (Dehungsbuchstabe) steht,
wird nach nIran der Vokalbuchstabe direkt gelesen, es steht kein VZ (denn es ist ja kein /a/, /i/, /u/ zu lesen, sondern nur /ā/, /ī/, /ū/.
Steht kein Zeichen und folgt kein Vokalbuchstabe, ist der Konsonant vokallos = es gibt kein sukūn-Zeichen.
Nicht zu lesende Buchstaben stehen in einer anderen Farbe:
(In den Mitte des Ausschnitts: /fĭl-ardi/ mit kurzem i das kasra ist zu lesen, nicht das yāʾ) Diese vereinfachten Vokalisierung ist an die Geflogenheiten beim persisch Schreiben angelehnt.
Ferner hat das مكز طبع و نشر einen neuen rasm festgelegt. Es geht Ṭab-o Našr um Lesbarkeit und Einheitlichkeit, also weniger fehlende, überflüssige oder ungewöhnliche Buchstaben, sowie weniger Ausdrücke, die mal so, mal anderes geschrieben werden. Am liebsten stützen sie sich dabei auf anerkannte Ausgaben (auch von Warš und Qālūn) oder eine rasm-Autorität. Notfalls vereinfachen sie aber auch ohne gute Stütze. Sie geben an, dass sie 17 Worte an 36 Stellen „einfach“ schreiben ohne Vorbild.
Die 17 Wörter sind recht unterschiedlich:
leichtere Verständlichkeit (6:41,16:95) اِنّ ما statt إِنَّمَا ,
das Gegenteil (2:240,5:58): فيما statt فِى مَا
– wegen Parallelstellen;
aus dem gleichen Grund (30:28, 63:10): مِمّا statt مِن مَّا ;
Vermeidung eines stummen Alifs اَبناۤءُ statt أَبۡنَٰٓؤُا۟۟ (5:18),
اَنباۤءُ statt أَنۢبَٰٓؤُا۟ (26:6),
يُنَبَّاُ statt يُنَبَّؤُا (75:13),
Vermeidung eines yāʾ für Alif تَراني statt تَرَىٰنِى (7:143),
اَرانيۤ statt اَرَىٰنِىۤ (12:36),
اؚجتَباهُ statt ٱجۡتَبَىٰهُ (16:121, 22:78);
statt ءَاَتَىٰنِى (19:30) ءاتانِي – entspricht Solṭānī, Nairizī und Arsanǧānī, nicht aber Faḍāʾilī;
اَرانيۤ statt اَرَىٰنِىۤ (12:36);
Vermeidung normaler Ersatzalifs خَطايٰكم statt خَطَٰيَٰكُمۡ (2:58, 20:73),
لَساحِرٌ statt لَسَٰحِرٌ (7:109, 26:34),
قُرءانًا statt قُرۡءَٰنًا (12:2),
نادانا statt نَادَىٰنَا (37:75),
اِحسانًا statt إِحۡسَٰنًا (46:15),
جِمالَتٌ statt جِمَٰلَتٌۭ (77:33).
كِذّابًا statt كِذَّٰنًۭا (78:35).
Von den 17 Wörtern folgen acht nOsm.
Bei einer Stichprobe von 10% des Korantextes habe ich vier weitere Plene-Schreibungen 15:22 biḫāzinīna, 40:16 bārizūna, 40:18 kāẓimīna, 40:29 ẓāhirīna entdeckt, die zwar in alten persischen oder osmanischen maṣāhif vorkommen, aber nicht in den vom Zentrum genannten Ausgaben oder Autoritäten (al-Ārkātī, ad-Dānī, Ibn Naǧāḥ). Mit anderen Worten: Man schreibt wie man will. Ich vermute, dass „Fehler“, Archaismen bei Araber den „heiligen Charakter“ der Schrift verstärken. Da Arabisch für Perser aber ohnehin „die heilige Sprache“ ist, brauchen sie die Fehler nicht, um das als unprofan = außeralltäglich zu empfinden.
In den ersten zwanzig Versen von al-Baqara schreiben sie gegen Q24 al-kitābu (2:2), razaqnāhum (3), tujādiʿūn (9), aḍ-ḍalālaha (16), ẓulumātin (17), ẓulumātun, ʾaṣābiʿahum (19) und bil-kāfirīna (20) wie Q52, ʾabṣārihim, ġišāwatub (7), ṭuġyānihim (15), tiǧāratuhum (16), aṣ-ṣwāʿiqi (19), ʾabṣārahum und wa-abṣārihim (20) wie iPak und Lib
in Solṭānī und Osm außerdem šayāṭīnihim (2:14) mit alif.
Zweitens lassen sie meist alles weg, was bei der Schreibung des Persischen weggelassen wird, also Hamzazeichen auf oder unter Anfangsalif (fatḥa, ḍamma, kasra schließen Hamza ein), – bei der Schreibung von /ʾā/ jedoch folgt nIran Q24: isoliertes hamza+alif nicht alif+Lang-fatḥa – fatḥa vor alif, kasra vor yāʾ, ḍamma vor wau (Langvokalbuchstaben bezeichnen nicht wie im Arabischen die Längung des Vokals, sondern den Langvokal selbst); steht doch ein Kurzvokalzeichen vor dem Vokalbuchstaben, gilt dieses: der Vokalbuchstabe ist stumm; ferner fehlen sukūn-Zeichen (steht kein Vokalzeichen, ist der Konsonant vokallos), sowie Hinweise auf Assimilation, die über das im Standardarabischen hinausgehen,
Türken, Perser sind die einzigen, die Assimilation – im Wort und über Wortgrenzen – nicht notieren. (etwa von vokallosem nūn an rāʾ: mir rabbihi in 2:5 Andererseits steht in 75:27 das Nicht-Assimilieren!-Zeichen: راقٍ مَنۜ ). oder im Wort 77:20 /naḫluqkum/ statt /naḫlukkum/), auch die unterschiedlichen tanwīn-Formen – nIran folgt darin Solṭānī und Osm gegen IPak, Mag und Q24.
Es wird ein kleines-nūn + kasra gesetzt, wenn das nūn des vorausgehenden tanwīn mit i gelesen wird (z.B. 23:38). Aus den einst roten Vokalzeichen auf alif waṣl, das nach obligater Pause mit Hamza und Anlaut zu sprechen ist, wird in diesen Ausgaben Klein-fatḥa (z.B. 2:15), Klein-ḍamma (38:42) oder Klein-kasra (58:16,19). Wie auch in den indonesischen Adaptationen von UT1 sind in den modernen iranischen Ausgaben – sowohl jene im Duktus ʿUṯmān Ṭāhās wie die im Stile Naizīrīs – die Fatḥas über allāh gerade. Daneben findet man zig Ausgaben von ʿUṯmān Taha zu unterschiedlichen Graden nach Soltani oder nach nIran umgearbeitet. Zählt man die Schreibungen im Fernsehn, auf dem Smartphone und dem Web (etwa makarem.ir/quran) mit, kommt man auf über hundert verschiedene Orthographien.
Türken, Araber und Inder haben feste Standards; die Inder schon zweihundert Jahre, die Araber seit etwa 1980, die Türken seit 1950 – oder etwas später.
Indonesier, Perser und auch Tunesier suchen Verbesserungen. Tunesien gehört zum Maghreb, die meisten hier geschriebenen Exemplare folgen Qālūn ʿan Nāfiʿ. Doch vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des 19. unterhielten die Osmanen eine Garnison in Tunis. Für deren Offiziere wurden vor Ort Korane geschrieben. Mindestens zwei davon sind faksimiliert: einer auf sechzig Seiten – Qurʾān Karīm, Schreiber: Zubair ibn ʿAbdallah al-Ḥanafī. Tunis: ad-Dār at-Tūnisīya lin-Našr o.J. – und einer, bei dem gegenüberliegende Seiten immer wieder mal die gleichen Worte aufzeigen. Muṣḥaf Šarīf von Zuhair Bāš Mamlūk 1305/1885 geschrieben, Tunis: ʿAbd al-Karīm Bin ʿAbdallah 1403/1983 (gedr. in Verona). Beide halten die Lesung Ḥafṣ ʿan ʿĀṣim in maghrebinischen Schreibkonventionen fest.
Zwei Wörter aus 2:8 nach fünf verschiedenen Standards, alle Ḥafṣ. Oben (Q52) und unten (nIran) sehen ähnlich aus, sind aber grundverschieden, die beiden unteren (nOsm und nIran) sind gleich, obwohl sie verschieden aussehen. Beides liegt daran, dass nIran ganz auf sukūn-Zeichen verzichtet: beim untersten ist das nūn also mit sukūn und das qāf mit ū (beides wie bei nOsm direkt darüber). Beim obersten hat das nūn kéin sukūn und das bedeutet nach den Regeln von Q24: nicht als nūn zu sprechen; das Wort klingt: „mai“. Den gleichen Sachverhalt (unvollständige Assimilation) drückt IPak (dritte von unten) und Standar Indonesia (2.-4. Zeile) durch sukūn über dem nūn (also: nicht stumm) und šadda über dem yāʾ (also: Verdopplung mai yaqūl) aus. nOsm und nIran notieren (Halb- und Voll-)Assimilierung nie.
Warum habe ich nach "Kinder- und Enkel-Ausgaben" "Iran" eingeschoben?
Weil das Zentrum für Druck und Verbreitung klar macht, das Druck-Ausgaben nicht feste Packete sind, in denen alles nach eigenen Ideen festgelgt ist. Neben der Ausgabe auf 604 Seiten in ʿUṭmān Ṭahas Stil, mit den Pausenzeichen der KFA, mit "vereinfachter" Vokalisation und farbigen stummen Buchstaben und dem neuen rasm,
gibt es einen in Nairizīs Stil, mit persischen Pausenzeichen
und eine indische Ausgabe mit dem neuen rasm, aber sonst "indisch": Wer von einer "Kairo-Ausgabe", einer "Warš-Ausgabe", einem "Qālūn-Druck" oder einer "Ṭab-o-Našr-Ausgabe" schreibt, schreibt dummes Zeug. Man sollte angeben, worum genau es einem geht: dem rasm der KFA von 1952, der ḥizb-Einteilung derselben, den Pausenzeichen der KFC-Ḥafṣ-Ausgabe von 2005, dem neuen rasm von Ṭab-o Našr usw. siehe auch dies siehe auch und und und
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