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Sonntag, 15. September 2019

muṣḥaf Rušdī-Wāʿiẓ

In einem früheren Post habe ich dar­gelegt, dass es von dem in Baġdād aufbe­wahrten muṣḥaf Muhammad ʾAmīn ar-Rušdīs im ʿIraq, in Saʿudia, in Jordanien und in Qaṭar zwischen 1370/1951 und 1401/1981 Nachdrucke gab.
Bis auf die Nach­worte/Kolo­phone und die ḥizb-Einteilung sind sie alle gleich. Sie geben die Bearbei­tung nach Šaiḫ Naǧm ad-Dīn al-Wāʿiẓ wieder.
Erst jetzt habe ich erfahren, dass es 1415/1994 einen weiteren Nach­druck gab: Er beruht leider nicht auf dem Original, sondern auf dem ʿirāqi­schen Druck:
— alle Zusatz­bemer­kungen wurden getilgt — die ihmal-Zeichen wurden schon 1370/1951 getilgt,
— die hohen yāʾ barī bei jedem zehnten Vers wurden getilgt,
— ALLE Alifs-Waṣl haben jetzt ein Waṣl-Zeichen — nicht nur die vor ḥarf sākin
— Pausenzeichen und Vokalzeichen wurden genauer/richtiger platziert,
— manchmal wurde der Wortabstand vergrößert, langgezogenes-nūn gekürzt
ḍamma-Zeichen wurden durch gedrehtes ḍamma ersetzt, wo die Prosodie ū verlangt,
— Mūsā bekam ein Lang-fatḥa,



Wer hat Bilder vom Original?

Montag, 27. Mai 2019

osmanische Drucke I

Eines der anregendsten Bücher zum Urkoran, Urislam stammt von einem Forscher, der davor für ganz Anderes bekannt war, dem Berner Berliner Reinhard Schulze:
Der Koran und die Genealogie des Islam
Trotzdem habe ich gerade eine Fußnote zu frühen Drucken geändert. Ich hatte mich darin auf Schulze und Bobzin (der sich auf Chauvin verlässt) ver­lassen. Da Schulze münd­lich mit­teilte, die frühen persischen, benga­lischen und osma­ni­schen Drucke, die er erwähnt hatte, in der Uni-Biblio­thek zu Bonn ein­gesehen zu haben, der Bib­lio­theks­kata­log aber keines der drei Exem­plare kennt, und sich die Exper­ten einig sind, dass es in Kon­stanti­nopel vor 1873 keine ‒ legalen ‒ Drucke gab, habe ich "seine" drei Drucke raus­geworfen.
Bevor ich zu den ersten Drucken in Kon­stanti­nopel komme,
von Google via Wiki­pedia zur Ver­fügung gestellte Anfangs­seiten eines osma­nischen Korans ‒ in Nastaʿlīq.

Wenn seitenlang über einen muṣḥaf geschrieben wird, wie es Michael W. Albin im Artikel "Printing of the Quran" der Encyclo­pedia of the Qur'an über den angeb­lich ersten im osma­nischen Reich, nämlich in der ägypti­schen Provinz des­selben, gedruck­ten macht, um am Schluss anzu­deuten, dass es ihn gar nicht gab, dann bin ich ent-zückt.
Deshalb gleich zu Beginn: die beiden ersten offi­ziellen osma­nischen Litho­gra­phien habe ich nicht gesehen, will sagen: im Netz kein Bild davon gefunden,
dass es sie viel­leicht ‒ trotz der reich­lich Literatur dar­über ‒ nie gab:
Der erste soll von Aristide Fanton 1871/2 in London auf der Grund­lage eines muṣḥaf von Hafiz Osman dem Älteren, den Natıq Kemal besorgt haben soll, her­ge­stellt worden sein.
Der zweite ‒ erste IN Konstanti­nopel mit dem Segen des Staates ‒ gedruckte soll die Kopie eines von Şeker­zade Mehmed Efendi (d. 1166/1753) IN Medina geschrie­benen sein. Heute gibt es einen Reprint, ob von der Handschrift oder vom 1291/1875er Druck bleibt unklar.
((Nachtrag: M. Brett WILSON hat mir Bilder aus beiden Drucken zur Verfügung gestelle, dazu ein neuer Post.))
Sicher gibt es seit 1873 eine Flut von Drucken, meist von Hafiz Osman dem Jüngeren oder von Muṣṭafā Naẓīf geschrieben.
Manche in Moschen-Größe, manche auf schönem Papier mit Gold­rahmen.
Solche wurden an Moscheen, Schreine, Stif­tungen und Staats­männer ver­schenkt.
Andere kleiner, billi­ger. Sie wurden nicht nur von Kalli­graphen zum Kopieren, von Gelehrten zum Studieren, sondern auch von Hand­werkern, Kauf­leuten und Gesell­schafts­damen gekauft und in großer Zahl Schulen zur Ver­fügung gestellt.
Sie wurden in Kairo eher selten (meist mit Tafsir), in Syrien immer wieder (bis 1960) ge­druckt.

Zumindest bis zu dem Krieg, den isla­mistisch-militante ara­bische Staaten gegen die syrische Regie­rung an­zet­telten, wurden in Aleppo "osma­nische" Koran­texte gedruckt.

und bis 1990 im ʿIrāq zwei ver­schiedene von staat­lichen Stellen gedruckt. In der Türkei sind sie schon lange (seit siebzig Jahren ????) meist (oder immer?) an den Standard der Religions­behörde ange­passt.
Doch selbst 1956 erschien in Kairo der 522seitige von Muṣ­ṭafa Naẓīf ganz original (bis auf Vers­ziffern statt Vers­ende­markie­rungen).
In Kein Standard gehe ich auf den ʿirāqischen Staats­druck ein (666+ Seiten mit 13 Zeilen): 1370/1951 war der Erst­druck in der Maṭbaʿat Mudīriyyat al-Masāḥa al-ʿAmma; 1386/1966 für den Irāq von Lohse, Frank­furt; 1398/1978 im Gebet­buch­format mit Reiß­verschluss für die suʿudi­schen Regierung in West­deutsch­land; 1400/1979 in Qaṭar; 1401/1981 für Ṣaddām neu her­aus­gegeben. Die Vor­lage war 1236 von Muḥammad ʾAmīn ar-Rušdī geschrie­ben worden und 1278 von der Valide von ʿAbd al-ʿAzīz dem Schrein Junaids in Baghdād geschenkt worden, heute in der Biblio­thek des Grabes des Imām al-ʾAʿẓām ʾAbū Ḥanīfa aufbewahrt.
In ähnlicher Aufmachung gab es Drucke von Ḥafiz ʿUṯmān und Ḥasan Riḍā.

rechts die Titelseite der Ausgabe Muḥ A. ar-Rušdī, in der Mitte die von Ḥasan Riḍā, links die Heraus­geber­schaft ‒ Heute gibt es im ʿIrāq zwei Behörden: Dīwān al-waqf as-sunnī und ... aš-šiʿī; beide geben maṣāḥif auf 604 Seiten heraus; die Sunniten über­nehmen für den Text Vektor­gra­phiken aus Medina (UT1), die Schi'iten haben den ʿirāqi­schen Kalli­graphen Hādī ad-Darāǧī schreiben lassen.
(Später werde ich noch einen Tehraner Druck vorstellen.)
rechts die erste "normale" Seite von M.A.ar-Rušdī, links von Ḥasan Riḍā:

Beachtenswert:
‒ in Zeilen 3,5,6,7,9: Wortgrenze zwischen Alifs
‒ in Zeile 2: vor (10) das hoch­gestellte yāʾ, welches Zehn be­deutet
‒ einige untergesetzte Ihmal-Zeichen, die sagen: kein Punkt

‒ genau wie bei Rušdi gibt es vor ḥurūf sākina   waṣl-Zeichen auf führen­dem Alif, sonst nicht. ( waṣl-Zeichen steht vor ḥarf sākin, also vor einem Buch­staben mit sukûn oder vor weg-assimiliertem lām vor Buchstaben mit šadda; das waṣl-Zeichen ist über­flüssig; heute (im Stan­dard der türki­schen Republik) wird es weg­gelassen.)
‒ Das /fī/ in Zeile drei besteht nur aus Fehlern: Was machen die Punkte beim End-yāʾ? Was macht das Lang­vokal­zeichen vor Doppel­konsonanz? Und wieso steht das (Lang-)kasra über dem yāʾ statt darunter? ‒ Ist aber üblich so.
‒ in den Zeile 1,3 und 7 gibt es ǧazm-Zeichen über ḥurûf al-madd.
— dass man den Bezug zwischen ǧazm-Zeichen über dem ḥarf al-madd der ersten Zeile besser sieht, habe ich die Zeichen so plat­ziert, wie sie nach "modernem" Ver­ständnis sitzen müssen.


Sonntag, 10. März 2019

1924 nicht der Standard, aber einer?

Die Professoren schreiben von einander ab: der 1924er sei der Standard.
Außenseiter, wie A.A. Brocket, A.I. Mohr und meine Wenig­keit halten dagegen: Nicht Standard.
Versöhnler könnten sagen: Okay, Türken, Inder, Indo­nesier und Afri­kaner (80% der Muslime) haben nichts damit am Hut, aber er ist doch immerhin ein Standard.
Puste­kuchen.
‒ Der 1952er unterscheidet sich an über 900 Stellen vom 1924er.
‒ Die Saʿudis haben das Pausenzeichen لا abgeschafft,
    haben im Nachwort ein meistens/ġāliban eingefügt.
    haben das hamzaʾ in 2:72 aufgebockt (was ich sonst nur bei tunesichen Qālūn-Ausgaben gesehen habe).
    haben in 73:20 ein (stummes) nūn (wieder) hinzugefügt.
    haben in 2:264 in riʾāʾa das erste hamzaʾ statt auf den Zahn hinter den Zahn gesetzt (wohl eine berechtigte Korrektur)
‒ Die Qaṭarīs haben in 56:2 ein Alif rausgeworfen.
‒ erst nachdem ʿUṭmān Tāhā die osmanische Aufteilung auf 604 Seiten mit
    dem marokkanischen rasm,
    der Grundlinienorientierung und
    den Zusatzzeichen von 1952 kombinierte,
setzte sich diese Kombination durch.
Man kann nicht sagen,
1924 sei der Standardkoran auf uns herabgekommen,
weil heute die meisten Araber diesem
irgendwie folgten.
Bis in die 1960er wurde in Syrien Hafis Osman nachgedruckt,
der iraqische Staatskoran von 1951, der weit­gehend osmanisch ist
‒ kein Nacheinander-tanwīn hat, Assimi­lation nicht durch Verdop­plungs­zeichen beim zweiten Buchstaben, nicht die ägypti­schen Pausen (weder die von 1924, noch die heutigen),
keinen Stummkreis, sondern die osmanischen Anweisungen ‒
wurde 1978, 1970, 1980 für Saʿudia, Qaṭar, Jordanien und ʿIrāq nachgedruckt.
Selbst heute gibt der Staat ‒ ad-dīwān al-auqāf as-sunnī ‒ neben einem UT-artigen einen Reprint eines nicht-604-berkenar-seitigen muṣḥaf des 1920 ver­storbenen osmanischen Kalli­graphen Ḥasan Riḍā heraus. Wenn 1924 den ara­bi­schen Stan­dard hervor­gebracht hätte, wäre das unmöglich.
Auch der jemeniti­sche Staats­koran spricht dagegen. Dass alle Maghreb-Staaten dage­gen­hal­ten, ver­steht sich. Dort laufen nur Salafisten und Schiʿi­ten mit einem UT herum.

Afrika vs. Asien (Maġrib oder IPak)

Es gibt viele verschiedene Arten, den Koran zu schreiben. Man kann sie in zwei Grup­pen einteilen: Afrika, Andalusien, (seit 1924 bzw. 198...