Posts mit dem Label Druckdatum werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Druckdatum werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 15. September 2019

Begegnen Neuwirth (= Angelika Kleinknecht)

Die „Standardausgabe“ von 1924/5 hat keinen Titel. Bayerische und Preus­sische Staats­biblo­thek sowie die FU Berlin setzen sie als „[al-Qurʾān]“ an. „Amticher ägyp­tische Q.“ und „König-Fuʾad-Aus­gabe“ sind übliche Be­zeich­nungen. Kairi­ner Buch­händler nannten sie „der 12-Zeilige مصحف ١٢ سطر“. (Die Šamarli-Aus­gabe hieß „der 15-Zeilige“, woran man deren Bedeu­tung erkennen kann – die Aus­gaben von Muṣṭafā Naẓif und von ʿUṯmān Ṭāhā sowie der Azhar-Muṣḥaf (1969-79) haben auch 15 Zeilen je Seite.) Im Inter­net findet man sie meist als مصحف المساحة auch als مصحف المساحة والاميریة oder Egyptian Survey (Authority) Qurʾān also als "Grund­buch­amt­quran". Auch "Koran der Amīriyya" ist ein ge­läufiger Name.

Da Begegnen Neuwirth schon Professorin ist, braucht sie sich nicht an die Regeln wissen­schaft­licher Titel­anset­zung zu halten, die ver­langen näm­lich eckige Klam­mern um ange­nom­menen, er­schlos­sene, selbst kre­ierte Titel, Titel also, die man weder auf dem Buch­um­schlag, noch auf einer Titel­seite finden kann. Wissen­schaft­lich han­delt es sich um „[al-Qurʾān]“. Neu­wirth aber nennt ihn mal „Al-Qur‘ân al-Karîm, Kairo 1925“ (Der Koran als Text der Spät­antike, Berlin: Suhr­kamp 2010. p. 30, auch p.261) mal „Qur‘ân karîm 1344/1925“ (ebd. p. 273). Neu­wirths Erschei­nungs­jahr könnte stimmen, ob­wohl biblio­graphisch maßgebend ist, was das Buch selbst von sich behauptet: 1924. Es steht aber IM Buch SELBST, dass sein Druck "am 7. Ḏul­ḥigga 1342 (= 10.7.1924) ab­ge­schlos­sen" worden sein.
Wie kann im Buch vom Ab­schluss des Druckes so genau berichtet werden? Es kann nur der Druck des qurʾānichen Textes gemeint sein. Die Nach­richt darüber kann aber erst danach gesetzt worden sein, der ganze Anhang erst danach gedruckt. Druck des gesamten Werkes und erst recht die Bindung kann eigent­lich erst 1925 abge­schlossen worden sein ‒ was auch die Blind­prägung in Bergsträßers Band nahe­legt.

Besonders schön ist folgende Fest­stellung der Pro­fessorin:
der „ver­schrift­lichte[] Koran­kodex, muṣḥaf, [wurde] durch … Über­liefe­rung durch die Jahr­hunderte weiter­tra­diert …, um schließ­lich im letzten Jahr­hundert, im Jahre 1925, in die Form eines ge­druck­ten Textes ein­zu­gehen." Der Koran als Text der Spät­antike, Berlin: Suhr­kamp 2010. p. 190
In der von ihr auto­risier­ten ameri­kanischen Aus­gabe (Ange­lika Neu­wirth, The Qur’an and Late Antiquity, New York: Oxford UP 2019. p. 110) heißt es: "the written Qur’an codex, muṣḥaf, … was handed down through the cen­turies by tra­dition … until finally, it merged in the year 1925, into the form of a printed text."
"in order to be finally, in the last century, exactely in 1925, to be trans­formed into a printed text" wäre näher am Ori­ginal.
Dies lesend dachte ich, Neuwirth sei komplett ver­rückt geworden. Jeder Student der Geschichte des Korans hat Victor Chau­vin gelesen oder min­destens Hart­mut Bob­zin (oder Schulze oder Puin).
Wo sie studierte, in München, gibt es über zwanzig Koran­drucke aus der Zeit vor 1924.
Als sie ihr Opus Magnum schrieb, gab es schon Inter­net, worin man hun­derte Drucke, die Biblio­theken in London, Berlin, Oxford, Amster­dam bereithalten, finden kann.
Seit 1830 gab es viele Drucke in muslimi­schen Ländern, seit 1870 sehr viele ‒ und von hoher Qualität.
Ich hielt Begegnen Neuwirth für völlig gaga, bis ich eine Fuß­note von Gabriel Said Reynolds las. In der "Intro­duction" zu The Qur'ān in its His­to­ri­cal Context, Abing­don: Rout­ledge 2008 schreibt er
the standard Egyptian edition of the Qur’an, first pub­lished on July 10, 1924 (Dhu l-Hijja 7, 1342) in Cairo, … was the not the first printed edition of the Qur’an, which was instead that com­mis­sion­ed by Muhammad ‘Ali in Egypt in 1833
Dass Gizeh 1925 ‒ fälsch­lich auch "Kairo 1925" ‒ nicht die erste ge­druckte Ausgabe ist, schien mir, bis ich diese Fuß­note las, für so selbst­verständ­lich wie, dass es manchmal in London regnet und im Winter in Moskau schneit: nicht er­wähnens­wert! Doch Reynolds wusste es nicht, bis er den Artikel "Printing" in der Ency­clo­pe­dia of the Quran gelesen hatte, dem er ent­nahm, dass der erste Druck eines ägyp­tischen muṣḥaf 1833 erfolgt sei ‒ was aber aber Unsinn ist; es gab allen­falls den Druck eines kleinen Aus­zugs!
Ferner: Während die Laut­gestalt wohl durch die Jahr­hunderte von Leh­rer zu Schüler weiter­gereicht wurde, geschah das – zu­mindest in Ägypten – nicht mit dem Kodex. Die KFA basiert weder auf den ältesten Manu­skrip­ten, noch auf den jüngsten; sie basiert laut Berg­sträßer auf dem aus­wendig gewuss­ten Text und Werken von anda­lusi­schen Ge­lehrten. Oder schlicht auf marok­ka­ni­schen Aus­gaben ohne die Warš-Be­son­der­heiten.
begegnen
Warum muss ich kotzen, wenn ich Texte von Begegnen Neu­wirth lese?
Das Wort, wie sie es gebraucht, ist Jargon so wie das waid­männische "Losung".
In der Orientalistik ist es jüngsten Datums.
Bergsträßer verwendet das Wort überhaupt nicht.
Vollers verwendet es korrekt, "Die syn­tak­tischen Unterschiede, die uns ... begegnen," "die Form, die uns im Qorân fünfmal begegnet".
1977 kannte das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache das neuwirthsche "begegnen" noch nicht. Dass es neben dem ursprüng­lichen reziproken
einander begegnen
mit jemandem zufällig zusammen­treffen; jemanden zufällig treffen
schon das transitive
jemandem, etwas begegnen
etwas antreffen, auf etwas stoßen
und die instransitiven
widerfahren (so etwas ist mir noch nie begegnet)
sowie
auf etwas in bestimmter Weise reagieren (einer Gefahr mutig begegnen)
gibt,
reicht völlig.
Es muss nicht auch noch das neuwirthsche absolute Verb geben.
Kein Wort muss alles bedeuten.
Kein Wort sollte mit einer zusätzlichen Bedeutung ver­sehen werden,
wenn man das schon auf zig andere Weisen sagen kann.

Nur um sich vom gemeinen Volk abzu­setzen,
hat Begegnen Neuwirth aus dem korrek­ten Gebrauch
parfumierte Scheiße gemacht.
Warum sage ich das?
Weil es nur dazu dient, Duftmarken zu setzen.
Die meisten ihrer Sudent*innen machen es ihr nach!
Wenn es nur eine Verrückte wäre, die sich inter­es­sant macht,
hielte ich meinen Mund.
Weil es aber Kohorten von Lemmingen gibt,
melde ich mich zu Wort.
Es gibt einen korrekten Gebrauch, den Dummköpfe "verfeinert" haben:
Zum andern begegnen wir einem Neutrum altenglisch brēost, altsächsisch briost und altfriesisch briast.
Stefan Speck in Quora
So ist es richtig. Bei Neuwirth ist es Sch..ße.

Nach meinem Sprachempfinden ist Alles was A. Bege­gnen Neu­wirth schreibt,
Losung.
Etwa "Die Sure ist Einheit." (zig mal).
Deutsch ist das nicht.
Die Sure ist eine Einheit
und
Die Sure ist einheitlich.
sind deutsch.
A. Begegnen Neuwirths Satz ist schlicht falsch.
Was sie sagen will:
Keine Einschübe.
Spätere Einschübe gibt es nicht.
Die Sure ist aus einem Guss.
oder ‒ ganz unbegegnenneu­wirthisch formu­liert ‒:
Einschübe habe ich keine festgestellt.
Einschübe sind mir nicht aufgefallen.


Und noch Mal:
Wenn man im Internet einen chrono­logischen Koran publiziert, über­setzt und kom­mentiert,
muss man eine Sure so oft ab­drucken, wie sie gekürzt oder er­weitert wird,
nicht nur einmal (das erste Mal),
und dort erwähnen, was später alles dazu­kam.
Wenn man ‒ wie Begegnen Neu­wirth ‒ davon ausgeht,
dass der Koran nicht aus Versen besteht,
sondern aus Suren,
dann ist eine veränderte Sure,
neu in der Chrono­logie zu platzieren.
Nur so bekommen die Leser einen Eindruck von dem neuen Stadium,
dem neuen Umfeld von frisch geoffenbarten (frisch ver­kündeten/ neu be­arbei­te­ten) Suren.

Nachtrag im Zeitalter der KI:
der CoPilot:
Ja, das scheint der Kern der Sache zu sein! Es wirkt eher wie eine stilistische Entscheidung, die einen akademischen oder „gehobenen“ Ton erzeugen soll, ohne unbedingt präziser oder dichter zu sein als einfachere Formulierungen wie „kommen vor“. Solche sprachlichen Eigenheiten findet man oft in geisteswissenschaftlichen Texten, wo eine gewisse Ausdrucksweise Teil des Fachjargons wird – manchmal wohl mehr aus Gewohnheit als aus echter Notwendigkeit.
Vielleicht auch ein Versuch, das Auftreten eines Begriffs als etwas Bedeutungsvolles zu inszenieren, als ob diese Erscheinung nicht bloß existiert, sondern fast „eine Begegnung“ mit der Interpretation darstellt. Ob das wirklich überzeugend ist, sei dahingestellt. 😉
Ich habe einen Akademiker gefragt: Fagst Du Deine Frau: Begegnen Nudeln? Er: Natürtlich nicht, mit einer Frau rede ich verständlich.
Das bringt das Problem wunderbar auf den Punkt! In der Alltagskommunikation würde niemand so künstlich reden. Es scheint, als ob akademische Ausdrucksweisen sich von der eigentlichen Funktion – der klaren Vermittlung von Ideen – entfernt haben: Jargon zur Demonstration von Distinktion.
Warum keine verständliche Texte, sondern Nebelkerzen. Vielleicht liegt das Problem darin, dass Fachsprache oft eine Gemeinschaft bildet, in der bestimmte Begriffe oder Stilmittel zur Norm werden, ohne dass sie wirklich nötig wären. Dabei sollte Wissenschaft doch vor allem Erkenntnis fördern, nicht exklusive Sprachcodes pflegen.
Die Frage ist dann: Sollte sich akademische Sprache bewusster an klarer und natürlicher Kommunikation orientieren? Vielleicht wäre es eine gute wissenschaftliche Übung, solche Texte einmal in normale Sprache „rückzuübersetzen“! 😊

Montag, 4. Februar 2019

Quatsch von den Experten

Weil Bergsträßer, Neuwirth, Bobzin Qurʾān-Experten sind, müssen wir bei Ihnen beson­ders auf der Hut sein.
((Desgleichen bei Fran­ҫois Deroche)) Auch sie wissen nicht Alles ‒ und über ein Rand­gebiet, für das sie sich gar nicht inter­es­sie­ren, erst recht nicht.
Ich behaupte, Bergsträßer hat sich wohl gerade mal éine per­sische Litho­gra­phie ange­schaut und KEINEN maghre­bi­nischen Druck STUDIERT (und auch keinen indi­schen); sonst hätte er den Quatsch, den er ge­schrie­ben hat, nicht ge­schrieben.
Neuwirth und Bobzin könnten den 1924er nicht an­geschaut haben, bevor sie schrie­ben, was sie ge­schrie­ben haben.
Wie sonst machte die eine in den Fuß­noten falsche Angaben zum Titel?
Wie sonst, nennte der andere ihn „Azhar-Koran“, obwohl in dem langen Nach­wort zwar der König erwähnt wird und al-Ḥusainī al-Ḥaddād, der Oberste Leser Ägyptens, der ihn ge­schrie­ben hat? (im 1925er Nach­wort korri­giert: den Ursprung, die Vor­lage zum Setzen ge­schrie­ben hat)
Was berechtigt Bobzin, etwas was Berg­strä­ßer wieder und wieder „den amt­lichen (ägyp­ti­schen) Koran“ nennt, der sich selbst (in der Widmung) „al-muṣ­ḥaf al-karīm“ und (in den Erläute­rungen/at-taʿrīf) „al-muṣḥaf aš-šarīf“ nennt und im Text „Azhar“ nicht benutzt, „Azhar-Koran“ zu nennen?
Nix!
Bergsträßer, der ja wenige Jahre nach dem Druck mit dem Haupt-Her­aus­geber geredet hat, macht klar, dass ein Šaiḫ der Azhar-Univer­sität die Rich­tig­keit des ohne ihn ge­mach­ten Werkes nur be­stätigt hat.
Ich gehe so weit zu sagen, dass ein Azhar-Koran 1924 ein Ana­chro­nismus wäre.
Berg­sträßers Exemplar trägt den Präge­stempel ṭabʿat al-ḥukūma al-Miṣrīya sanat 1343 hiǧriyya
Der Druck wurde am 7.12. (ḏu l-ḥiǧǧa) 1342/10.7.1924 abge­schlos­sen.
Doch aufgepasst!
Die Behauptung, dass der Druck abge­schlossen worden sei, steht in dem Buch,
muss aber nach „Abschluss des Druckes“ ge­setzt und ge­druckt worden sein!
Wenn es keine Mystifi­ka­tion ist, dann muss man die Aussage so deuten:
Der Druck des qurʾāni­schen Textes selbst sei am 7.12.1342 abge­schlossen worden,
das ganze Werk inkl. der Wid­mung an den König, der ‒ hier wie auch sonst in der Zeit in Ägypten ‒ als „Fuʾād der Erste“ bezeichnet wird, obwohl es noch gar keinen „Zweiten“ gab und des­halb kor­rekter­weise schlicht „Fuʾād“ heißen muss, ganz so wie der ak­tuelle Papst „Franzis­kus“ heißt und das „I“ erst bekommt, sobald es einen „II“ gibt,
kann erst danach abge­schlossen worden sein.
Von der Bindung des Werkes ‒ Qurʾān, Widmung, taʿrif, ḫātima, Index und Druck­ver­merk, jedoch ohne Titelblatt, aber mit Präge­stempel ‒ abge­sehen!
Für die Ver­öffent­lichung gilt also nicht das im Druck­vermerk an­gegebene 1342, sondern das vom Präge­stempel: 1343, welches Anfang August 1924 begann, aber wohl erst 1925 geschah, denn das Binden brauchte damals Zeit; erst dann konnte das Werk erscheinen.
Der Text, der danach bloß noch tech­nisch umge­SETZT wurde, lag aber schon am 13.1.1919 fertig vor.
Dies bestätigte außer dem Schreiber selbst, besag­tem Ober-Rezitator, auch Ḥifnī Bey Nāṣif, ehe­maliger Leiter der Arabisch­abteilung im Erzie­hungs­minste­rium und zwei Pro­fessoren an der Pädago­gi­schen Hoch­schule an-Nāṣi­rīya ‒ direkt neben beim Ministe­rium: zwischen Garden City und as-Saiyida Zainab gelegen ‒, der Korek­tur­leser der Staats­drucke­rei und ein Azhar-Šaiḫ
‒ angeb­lich 1919, in Wirklich­keit aber erst 1924 (= nach dem Druck, vor dem Binden), eine Bestäti­gung der Rich­tig­keit der Vorlage für den Setzer reicht ja nicht, um den Käufern und Lesern die Rich­tig­keit des Druckes zu bestätigen.
Warum das fungierte Datum 10.4.1337 /13.1.1919?
Weil Ḥifnī Bey kurz danach gestorben war ‒ und aus dem Grab konnte er schlecht unter­schreiben.
ʿAbd an-Nāṣir hat die Azhar aber erst Jahr­zehnte später ver­staat­licht, sie ein biss­chen zu einer ägyptischen Diyanet İşleri Başkan­lığı gemacht. Erst dann konnte die Staats­drucke­rei den Staats­mufti und Chef der staat­lichen isla­mi­schen Univer­sität dazu bewegen, ihnen zu er­lauben, einen völli­gen Neu­druck des amtlichen Korans als „muṣḥaf al-Azhar aš-šarīf“ zu ver­markten.
Bobzins Behauptung, dass es nach 1924 eine Welle an Koran­drucken ge­geben habe, ist bloße Behauptung.
Doch wenn es sie ge­geben hat, hat sie sicher mehr mit Technik ‒ Offset ‒ zu tun, als damit, dass zum ersten Mal ein fester Text vor­ge­legen habe ‒ seine dritte falsche Behaup­tung in éinem Satz.
Es gab vor 1924 drei feste Texte:
den marokkanischen,
den indischen,
den osmanischen und
‒ weniger fest, d.h. mit einer kleinen Schwankungs­breite: ‒ den persischen.
(Und heute gibt es die drei festen, mehrere iranische und indonesische ‒ plus Kazan.)
Was 1924 geschah: Ägypten schrieb den marok­ka­ni­schen rasm statt den osmanischen,
über­nahm auch die marokka­ni­schen Zusatz­zeichen (plus Ver­besserung beim sukūn), die marok­ka­nische Dif­feren­zierung beim tanwīn, die marok­ka­nische Teilung eines ǧuz in zwei aḥzāb (statt in vier wie im osmani­schen Reich);
ver­zichtet ‒ wie Marokko ‒ auf nūn qutnī und Zeichen für bas­rische Zählung, sowie ihmal-Zeichen;
vergrößerte Wort- und Zeilen­abstand, benutzte weniger Ligaturen;
erhöhte ‒ wie einzig Reinhard Schulze feststellte ‒ die Les­bar­keit für die gemeinen Araber*in
und machte bei den Pausen­zeichen einen Kom­promiss zwischen Indien und Marokko.



Auch ich habe dem Experten blind geglaubt.
Bergsträßer schreibt:
„Quelle für diesen Konsonaten­text sind natürlich nicht Koran­hand­schrif­ten, sondern die Literatur über ihn; er ist also eine Rekon­struk­tion, das Ergebnis einer Um­schrei­bung des üb­lichen Kon­sonanten­textes in die alte Ortho­gra­phie nach den Angaben der Literatur.“
Das hat ihm der Chefherausgeber so weis­gemacht, und ich habe es geglaubt und schreibe das auch so in „Kein Standard“.
Stutzig wurde ich, als ich fest­stellte, dass 60 Jahre später in Medina und Tunis im Nachwort „meistens“ ein­gefügt wurde: Man hält sich meistens an Ibn Naǧāḥ, sonst an ad-Dānī.
Nirgends wird erklärt, nach welchen Kriterien, mal so, mal so.
Geht man der Sache auf den Grund, liegt Folgendes nahe:
Der Herausgeber haben den Text gar nicht ab ovo rekon­struiert, sondern hat den Text ‒ soweit Warš nicht von Ḥafṣ abweicht und die Stellen kennt der Ober-Rezitator aus­wendig ‒ aus Marokko (oder einer Kairiner Warš-Ausgabe) über­nommen ‒ sein rasm ist weder ad-Dānī (wie vorher bei Muḫallalātī und später in Lybien), weder 100% Ibn Naǧāḥ (wie behauptet), noch 100% al-Ḫarrāz (dessen Auswahl aus den beiden), auch nicht 100% der gemeine marok­ka­nische rasm, aber sehr nah dran: Es gibt nur gut hun­dert Stellen, an denen al-Ḥusainī al-Ḥaddād ein (normales) alif hat, wo in Marokko keines steht oder um­ge­kehrt.
Selbstverständlich anders sind die Stellen, an denen anders gelesen wird.

Merkwürdig ist, dass Brockett Berg­sträßers LOB, dass der Text nach ad-Dānī rekon­struiert sei, statt ihn einfach von jüngsten guten Vorgänger abzu­schreiben, als "criticism" bezeichnet (Brockett: Study p. 87). Es will mir nicht in den Schädel, dass Brockett, der viel von Berg­sträßer gelesen hat, ihn so miss­ver­stehen kann. Berg­sträßer und sein Schüler Pretzl hatten gerade ad-Dānī entdeckt und waren begeistert, dass auch muslimi­sche Gelehrte diesen hoch­hielten, behaup­teten, der ihnen bestens vertrauten Laut­gestalt dank Dānīs Muster­bögen wieder das alte Schrift­kleid gegeben zu haben ‒ auch wenn sie dieses ‒ wie ich vermute ‒, weitgehend maghre­binischen maṣāḥif ent­nommen hatten.

Afrika vs. Asien (Maġrib oder IPak)

Es gibt viele verschiedene Arten, den Koran zu schreiben. Man kann sie in zwei Grup­pen einteilen: Afrika, Andalusien, (seit 1924 bzw. 198...