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Mittwoch, 13. November 2019

Rechtschreibung

Viele denken, dass es EINE Art gebe,
den Qurʾān zu schreiben ‒ wenn man die verschiedenen Lesarten unberück­sichtigt lasse.
Viele vermuten, dass die Hand­schriften und Drucke optimal seien.
Das Gegenteil ist richtig:
es gibt keinen fehlerlosen Druck:
bei den Arabern sind viele Stellen, an denen ein Langvokal kurz gesprochen, nicht markiert;
ferner fehlen bei den Arabern Ägyptens und des Ostens Angaben zur Voka­lisierung von alif-waṣl FALLS mit ihnen eingesetzt wird.

Bei Türken, Persern, Indern, Indonesiern fehlen Angaben zu ver­schiedenen Reali­sierung von tanwīn {was nicht schlimm ist}, sowie zu Feinheiten der Assimilierung.

Zur Schreibung der Langvokale
gibt es ein alten indisches System, was zur Zeit niemand benutzt.
Es stützt sich auf sieben Vokalzeichen (a ā i ī u ū x) und
ignoriert ‒ außer bei Diphtongen ‒ die Vokalbuchstaben.

Daneben ‒ ich bin geneigt "dagegen" zu sagen ‒ gibt es ein afrika­nisches System, das immer zweier­lei braucht:
ein Vokalzeichen UND einen Vokalbuchstaben;
hier wird ein kleiner Vokalbuchstaben ergänzt, wenn im rasm keiner steht
‒ auch wenn "nur" die Regeln der Prosodie oder der Reim die Längung erfordern.

Erfordert die Prosodie die Kürzung, bleibt das unberück­sichtigt.
Erfordert der Reim die Kürzung, wird es notiert.
In türkischen Ausgaben wird die Längung zu /ī/ notiert,
die zu /ū/ NICHT.
Indonesier, die osmanische Kopien nachdrucken, korrigieren dies.

Hier ein paar Wörter aus einem indischen Manu­skript von etwa 1800 (Sura Hūd)
und die moderne indische Schreibung, in der das KURZvokal­zeichen steht ‒ wie in Afrika ‒,
FALLS der richtige Vokal­buchstabe folgt.
Folgt der falsche oder gar keiner, steht ‒ wie früher ‒ der LANGvokal­buchstabe.
Beim Diphtong (al-farīqaini in der letzten Zeile) bekommt der Vokal­buchstabe ǧazm,
damit man weiß, das er nicht stumm ist.

In 7:103 und 3:144+21:34 11:97+ 10:75+23:46+28:32+ 43:46 sind trotz Schreib­unterschiede Laute und rasm gleich:
wa-malaʾihī
IPak: وَمَلَا۠ئِهٖ
Q52: وَمَلَإِي۠هِۦ
Im rasm steht je eine mater für /a/ und /i/ ‒ ja wirklich für KURZE VOKALE,
weil die allerersten Schreiber keine andere Mög­lich­keit hatten, das zu notieren.
in Indien ist das alif stumm (längt das fatḥa nicht), das yāʾ trägt das Hamza,
in Arabien trägt das alif das Hamza, das yāʾ ist stumm.

In 3:144 + 21:34 ʾa-faʾin
IPak: افَا۠ئِنْ
Q52: اَفإي۠ن
Inder und Türken machen das alif stumm
(früher setzten die Inder NICHTS auf das alif, heute den Stumm-Kreis,
die Türken das Wort qaṣr darunter)
die Araber sehen das alif als Hamza-Träger, das yāʾ als stumm.
Muṣṭafā Naẓīf lässt das stumme yāʾ in seinem (in Deutsch­land und Indo­nesia nach­ge­drucktem) 604er berkenar muṣḥaf in 21:34 weg: اَفَإنْ
Sonst hat er ‒ wie üblich ‒ alif und yā, aber in dem 604er fehlt das yāʾ und die meisten Heraus­geber der Re­prints stört(e) das nicht.

Hier zwei Seiten mit der gleichen Stelle aus Sura Ḥūḍ, damit Sie sehen, dass das keine Idiosynkrasie des Schreibers war, sondern ein durchdachtes System ‒ Achtung: das umgedrehte ḍamma steht meist über dem waw, gehört aber zum Konsonaten davor, das waw ist stumm.

Freitag, 7. Dezember 2018

Indien1800 Langvokale

Gabriel Said Reynolds und andere sagen, alle Korane seien gleich: Buchstabe für Buchstabe.
the various editions of the Qur’an printed today (with only extra-ordinary exceptions) are identical, word for word, letter for letter.
"Intro­duction" to The Qur'ān in its Historical Context, Abingdon: Routledge 2008, p.1
Was für ein Unsinn. Es gibt wohl tausend verschiedene Arten, Korane zu schreiben oder zu setzen.
Dass heißt nicht, dass die Korane Unter­schied­liches besag­ten. Das tun sie nicht. Dafür sind sie ähnlich genug.
Die Unterschiede, die der genau gleiche Text, bei der Aus­legung erlaubt, sind bestimmt 100x bedeutender, als alle Unter­schiede zwischen verschie­denen Drucken. Viele Unter­schiede sind rein ortho­graphisch (so wie Folx­heršaft und Volks­herr­schaft, night und nite, le roi und le rwa), andere verändern zwar den Sinn eines Wortes, ja eines Satzes, ändern aber nicht wirk­lich den Abschnitt.
Mir geht es über­haupt nicht um Wider­sprüche im Koran, um inhalt­liche Unter­schiede zwischen einem bestimmten und einem anderen, mir geht es nur um Unter­schiede der Ortho­graphie (also der Schrei­bung der Worte und der Regeln).
Mir geht es auch nicht um die Unter­schiede zwischen den sie­ben/zehn kanoni­schen Lesern, den vier­zehn/zwanzig Über­mitt­lern, den hunder­ten Traden­ten. Diese be­treffen in erster Linie die Laut­gestalt (auch mal ein "min" oder "wa", ein alif oder eine Kon­sonaten­ver­dopplung mehr oder weniger); die Vari­anten sagen nur, ob man einen Vokal fünf­fach oder drei­fach längt, ob man zwi­schen zwei Suren die Basmala wieder­holt oder vor einer bestimm­ten ein Takbir spricht. Um all dies geht es mir nicht.
Mir geht es um die Unter­schiede zwischen osmani­schen und marok­ka­nischen, persi­schen und indi­schen Koranen ‒ und darum, worin sich der amt­liche ägyp­ti­sche Koran von 1924 von denen davor unter­scheidet. Denn darüber zir­kuliert viel Unsinn.
Korane unter­scheiden sich auf hundert Weisen. Dies werde ich nicht systema­tisch dar­stellen. Etwa Lesart, Schreib­stil, Zeilen je Seite, ob Verse auf zwei Seiten ver­teilt sein dürfen, ob 30.tel auf einer neuen Seite anfangen müs­sen, ob rukuʿat im Text und am Rand ange­zeigt werden, ob die Verse Num­mern und ob die Seiten Kustoden haben, ob es ein, drei, vier, fünf, sechs ... oder sechs­zehn Pausen­zeichen gibt. All dies kann vorkommen, wird aber nicht durch­dekliniert werden.
Den Augenmerk richte ich auf zwei Punkte:
die Schreibung der Wörter, sozu­sagen das korani­sche Voka­bular ‒ wobei aber (anders als im Duden) das gleiche Wort nicht an allen Stellen gleich zu schreiben ist;
die Regeln, wie Vokallänge, -kürze und Diphtonge, wie As­simi­la­tion von Kon­sonan­ten notiert werden.
Besonders interessieren mich die Drucke.
Es gibt zwei Hauptschreib­weisen/Regeln: afrika­nisch (maghrebi­nisch, arabisch) und asiatisch (indo­pakista­nisch, indo­nesich, persisch, osma­nisch): Für lange Vokale brauchen Afrika­ner immer zwei Zeichen: ein Vokal­zeichen und einen pas­sen­den längenden Vokal­buch­staben; steht der nicht im rasm, wird er klein ergänzt (oder ein eigentlich unpassender wird durch ein Wandel­alif passend gemacht).
Asiaten haben drei Kurz­vokal­zeichen und drei Lang­vokal­zeichen (und Sukūn/Ǧazm). Doch nach den heutigen IPak-Regeln benutzt man bei ū und ī die Kurz­vokal­zeichen, FALLS der pas­sende Vokal­buchstabe folgt. Bei Lang-/ā/ benutzten Perser und Os­manen/Tür­ken immer das Lang­vokal­zeichen, Inder benutzen es heute nur, wenn kein Alif folgt (also wau, [punkt­loses] yāʾ oder gar kein Vokal); kommt danach ein Alif, bekommt der Kon­sonant davor nur ein Fatḥa. Bei Lang-/ī/ benutzten Perser und Osma­nen immer das Lang-ī-Zeichen (egal ob yāʾ folgt oder nicht); Inder ver­fahren heute ähn­lich wie bei /ā/: folgt kein yāʾ, steht das Lang-ī-Zeichen: vor yāʾ aber steht (nur) Kasra und das yāʾ bekommt ein ǧazm. (nach IPak sind zeichen­lose Buchsaben stumm!)
Bei Lang-ū setzen die Osmanen "madd" unter ein wau; bei dem gelängten Per­sonal­pro­no­men -hū bleibt die Längung un­notiert. Inder und Indo­nesier be­nutzen das Lang-ū-Zeichen, aber das Kurz-u-Zeichen vor wau.
Und jetzt kommt meine Beob­achtung aus der Vor­druck­zeit. Um 1800 be­nutzten Inder immer das Lang-ū-Zeichen, fol­gen­des wau blieb ohne jedes Zeichen: war also stumm (beim Lesen zu igno­rie­ren) ‒ wenn es zweiter Teil des Diph­tongs /au/ ist, bekam und be­kommt es ein Ǧazm, ist also zu spechen. Immer das Lang-ī-Zeichen. Immer das Lang-ā-Zeichen. Anders gesagt:
1800 gab es zwei Systeme, Lang­vokale zu notieren: das magh­rebi­nische, das immer zwei Teile, ein Vokal­zei­chen (fatḥa, kasra, ḍamma, imāla-Punkt) und einen Län­gungs­vokal (zum rasm ge­hörend oder Er­gän­zung), um­fasst. Sowie ein indi­sches System, das ganz auf Lang­vokal­zeichen be­ruhte, in dem die im rasm vor­han­denen Vokal­buch­sta­ben kom­plett igno­riert wurden. Das magh­re­bini­sche System gilt heute in Afrika und Arabien. Das indische System gilt in der Türkei, in Per­sien und Indien (und Indo­nesien) in abge­schwäch­ten Formen. In Indien (und Indo­nesien) gilt IPak, wo Lang-ā vor (punkt­losem) yāʾ wei­ter be­nutzt wird, vor alif aber durch Kurz-a + fatḥa ersetzt wurde (hier folgt man dem afri­kani­schen System), und über ī-yāʾ und ū-wau ǧazm steht + davor kasra und ḍamma um Lang­vokale aus­zu­drücken (also ähn­lich wie in Afrika). Das alte indi­sche System gilt nur noch, wo kein Vokal­buch­stabe folgt.
Wie ver­brei­tet dies klare indische System war, weiß ich nicht. Eine Hand­schrift aus Kaschmir ver­fuhr wie die meisten per­si­schen maṣāḥif. für eine andere, siehe

Afrika vs. Asien (Maġrib oder IPak)

Es gibt viele verschiedene Arten, den Koran zu schreiben. Man kann sie in zwei Grup­pen einteilen: Afrika, Andalusien, (seit 1924 bzw. 198...