Samstag, 15. Dezember 2018
Der Azhar-Koran I
Da offensichtlich zwischen 1976-85 wenige Deutsche im Nahen Osten Korandrucke erwarben,
und seither wenige bei Muslimen in die Schubladen geschaut haben,
findet man den Muṣḥaf al-Azhar aš-Šarīf nicht im Netz.
Dabei hat die Staatsdruckerei ihn damals in allen nur erdenklichen Größen und Einbänden hergestellt.
Ich besitze ihn nur in zwei Aus­gaben: klein mit Plastik­ein­band, mittel­groß mit Hart­pappe­deckeln.Fortsetzung folgt.
Freitag, 14. Dezember 2018
Kabul 1352/1934
Bobzin schreibt, der Gizeh-Koran habe eine Welle von Korandrucken ausgelöst,
was schlicht falsch ist.
So wie die Erfindung des Steindrucks um 1813 die erste Welle von Korandrucken zur Folge hatte,
so mag Offset eine zweite Welle ausgelöst haben -- aber diese Welle ist reine Behauptung. Bobzin liefert weder Zahlen zu Koran­ausgaben, noch zu -auflagen.
Aber éinen Druck hat Gizeh24 wohl bewirkt. Der afghanische König Imānu-llāh Ḫān besorgte die nötige Ausrüstung.
Unter seinem Nachfolger erschien 1352/1934 ein Druck mit vielen Indices. Der "indische" Text wurde gesetzt und dann wurden Druck­platten gemacht --
genau wie ein Jahrzehnt davor in Bulaq + Gizeh.
In diesen beiden Zeilen sieht man deutlich, dass die Formen gesetzt (nicht hand­geschrieben) sind. Und an dem hoch­gesetz­ten End-yāʾ und an der nach­träg­lich hoch ein­gesetz­ten nicht-kufi­schen Versende, an dem nicht zu stoppen ist, sieht man, dass danach mani-puliert wurde, was so bei einem Typendruck nicht geht.
Der Text der ersten Seiten ist hand­geschrieben.
Wie in indischen maṣāhif üblich beginnen alle 30igstel oben auf einer rechten Seie und sind hervorgehoben.
Beginn von Surat qāf.
Der Text der ersten Seiten ist hand­geschrieben.
Wie in indischen maṣāhif üblich beginnen alle 30igstel oben auf einer rechten Seie und sind hervorgehoben.
Beginn von Surat qāf.
Donnerstag, 13. Dezember 2018
Pausenzeichen in Indien
Mittwoch, 12. Dezember 2018
Mushaf Qatar ‒ kāḏiba
Den Gizeh-Koran mit seinen fast 900 Seiten kauften nur Orientalisten.
Der einfache Ägypter zog die 522 Seiten (erst von Muṣṭafā Naẓīf Qadirġalī, seit 1975 von Muḥammad Saʿd Ibrāhīm al-Ḥaddād geschrieben) vor, nach 1976 auch den genauso kompakten (gesetzten) Azhar-Koran.
1977 begann ʿUṯmān Ṭahas Siegeszug: den 1952er Text der Amīrīyya im Stile der Amīrīyya auf den 604 Seiten der Ausgaben von Kayışzâde Hâfız Osman: Handschrift so genau wie Type, noch ligaturärmer als Type: ruhiges Schriftbild, leicht zu lesen.
Das Sechstel der Muslime, das zwischen Nil und Tigris lebt (und deren Diaspora), haben heute Ausgaben dieses Typuses.
Die folgen alle der Orthographie der Amīrīyya-Ausgabe von 1952, die etwa 900 mal vom "Standardkoran" von 1924 abweicht ‒ zwar nur drei Stellen mit anderem rasm, mal ein anders sitzendes Hamza, grundsätzlich andere Surenübergänge (nämlich mit der Basmala) und Surentitelkästchen (nämlich ohne Angaben zur Offenbarungsreihenfolge), sowie sehr viele andere Pausen.
Mit einer Ausnahme:
Muṣḥaf Qaṭar weicht an einer Stelle ab.
Sure 56, Vers 2, kāḏiba Der Gizeh-Koran schreibt es mit alif, wie Türken, Inder und Perser. ʿUṯmān Ṭaha, Syrien, Dubai, Oman, Baḥrain, sie alle schreiben es mit alif. Qaṭar aber schreibt es ‒ so wie man in Marokko, im Senegal und Medina (Warš) schreibt ‒ mit Ersatzalif. Dürfen die das? Aber sicher. An der Klanggestalt (kāḏiba), am Sinn ändert sich nichts. Und sie haben nicht nur die Maghrebiner auf ihrer Seite, sondern auch das Manuskript, das Tayyar Altıkulaҫ (IRCICA) kurz vorher herausgegeben hat: der dem dritten Kalifen zugeschriebene ägyptische muṣḥaf, der sich heute im Topkapi Palastmuseum befindet.
Der Koran ist in erster Linie mündlich (überliefert).
Man schreibt ihn wie man will.
Zur Zeit demonstriert das das dem iranischen Revolutionsführer unterstellte Zentrum zum Druck und zur Verbreitung des Koran:
Sie wollen eine möglichst wenig verwirrende Schreibung.
Wenn sie für die von ihnen bevorzugte Schreibung ein Vorbild oder eine Autorität finden, dann ist's gut,
Aber 17 Wörter schreiben sie nach ihren Vorstellungen, ohne dafür ein gutes Vorbild zu haben -- und sind stolz darauf.
Diese 17 finden Sie in meinem Amazon-Buch "Kein Stadard", wobei ich entdeckt habe, dass sie an weiteren Stellen plene schreiben, obwohl das die rasm-Autoritäten nicht erlauben und auch nicht in den vom Zentrum genannten guten Vorlagen vorkommt, sondern höchstens in "schlechten" osmanischen oder persischen Ausgaben.
Sie folgen Qaṭar bei kāḏiba nicht, obwohl es Parallelstellen gibt, wo sie Ersatzalif haben,
obwohl normales Alif einfacher ist als Ersatzalif.
Ich wage die Behauptung: Hätten sie ihre Ausgabe nach dem Bruch zwischen Saʿudi-Ara­bien und Qaṭar herausgegeben, hätten sie sich der Schreibung des muṣḥaf Qaṭar angeschlossen.
Ledriges Logo des Mushaf Qatar.
Mit einer Ausnahme:
Muṣḥaf Qaṭar weicht an einer Stelle ab.
Sure 56, Vers 2, kāḏiba Der Gizeh-Koran schreibt es mit alif, wie Türken, Inder und Perser. ʿUṯmān Ṭaha, Syrien, Dubai, Oman, Baḥrain, sie alle schreiben es mit alif. Qaṭar aber schreibt es ‒ so wie man in Marokko, im Senegal und Medina (Warš) schreibt ‒ mit Ersatzalif. Dürfen die das? Aber sicher. An der Klanggestalt (kāḏiba), am Sinn ändert sich nichts. Und sie haben nicht nur die Maghrebiner auf ihrer Seite, sondern auch das Manuskript, das Tayyar Altıkulaҫ (IRCICA) kurz vorher herausgegeben hat: der dem dritten Kalifen zugeschriebene ägyptische muṣḥaf, der sich heute im Topkapi Palastmuseum befindet.
Der Koran ist in erster Linie mündlich (überliefert).
Man schreibt ihn wie man will.
Zur Zeit demonstriert das das dem iranischen Revolutionsführer unterstellte Zentrum zum Druck und zur Verbreitung des Koran:
Sie wollen eine möglichst wenig verwirrende Schreibung.
Wenn sie für die von ihnen bevorzugte Schreibung ein Vorbild oder eine Autorität finden, dann ist's gut,
Aber 17 Wörter schreiben sie nach ihren Vorstellungen, ohne dafür ein gutes Vorbild zu haben -- und sind stolz darauf.
Diese 17 finden Sie in meinem Amazon-Buch "Kein Stadard", wobei ich entdeckt habe, dass sie an weiteren Stellen plene schreiben, obwohl das die rasm-Autoritäten nicht erlauben und auch nicht in den vom Zentrum genannten guten Vorlagen vorkommt, sondern höchstens in "schlechten" osmanischen oder persischen Ausgaben.
Sie folgen Qaṭar bei kāḏiba nicht, obwohl es Parallelstellen gibt, wo sie Ersatzalif haben,
obwohl normales Alif einfacher ist als Ersatzalif.
Ich wage die Behauptung: Hätten sie ihre Ausgabe nach dem Bruch zwischen Saʿudi-Ara­bien und Qaṭar herausgegeben, hätten sie sich der Schreibung des muṣḥaf Qaṭar angeschlossen.
Ledriges Logo des Mushaf Qatar.
Dienstag, 11. Dezember 2018
frei mixbar
Koranskripte und -drucke kann man nach zig Kriterien einteilen:
‒ ist alles in éinem Duktus geschrieben?
‒ sind die Suren in éinem Duktus geschreiben (also nur Titel, Basmala, Marginalien, Kustoden in anderen)?
‒ sind die Suren in Nasḫī, Maghrebi, Sudani, Thuluth ... geschrieben?
‒ dürfen Verse auf zwei Seiten geteilt stehen?
‒ sind sieben Siebtel und zwei Hälften angezeigt?
‒ dürfen 30igstel irgendwo auf der Seite anfangen?
‒ wo genau sind die Grenzen der 30. 60. 120. 240.?
‒ sind rukuʿāt im Text / am Rand markiert?
‒ gibt es Randnoten?
‒ sind saǧadāt und/oder sakatāt auch am Rand angezeigt?
‒ stehen Name und/oder Nr. der Sure in der Kopfzeile?
‒ stehen Name und/oder Nr. der 30igstel in der Kopfzeile?
‒ Stehen 9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 Zeilen auf einer Seite?
‒ werden im Titelkasten die Anzahl der Verse in der Sure
‒ die davor geoffenbarte Sure und die danach angegeben?
‒ werden die Zeilen durch Striche getrennt?
‒ wie werden Langvokale angegeben?
‒ wird die Kürzung von Vokalen notiert?
‒ wird ʾā (hamza+Alif) ءا oder اٰ geschrieben?
‒ wird bei Alif-waṣl angegeben, mit welchem Vokal einzusetzen ist, falls denn eingesetzt wird?
‒ gibt es nūn qutni/ ṣila-nūn?‒ ein kaṣra zwischen tanwīn und alif-waṣl,
das in Indien "mini-nūn", auf Arabisch Verbindungs-nūn heißt.
‒ nach welchem System sind die Versenden markiert?
‒ sind diese mit Zahlen versehen?
‒ welche Pausenzeichen gibt es?
‒ wer legt die Pausen fest?
‒ geht man am Surenende davon aus, dass gleich die nächste Sure gelesen wird?
‒ mit oder ohne der Basmala?
‒ wird die Assimiltion von vokallosem nūn angezeigt?
‒ wird die Emphase bei normalerweise nicht emphatischen Buchstaben angezeigt?
‒ gibt es ein mittiges u-Hamza?
‒ gibt es ein, zwei oder drei madd-Zeichen?
‒ welcher rasm-Autorität oder welchem Manuskript folgt man dabei?
‒ welcher Lesart, Überlieferung, Weg folgt man?
Theoretisch sind alle diese Dinge unabhängig voneinander.
Das kriegen sogar Experten nicht in ihren Schädel, schreiben dann, dass man bei Qālūn so und so schreibe, obwohl das nichts mit Qālūn zu tun hat, sondern mit ad-Dānī; sie werfen das wegen der berühmten libyschen (von Abū Bakr as-Sāsī al-Maġribī geschriebenen) Ausgabe in einen Topf. Hier eine Zusammenstellung: sechs man Ḥafṣ oben, drei mal Qālūn unten, dazwischen Warš, bei allen Überlieferungen gibt es insān mal so, mal so geschrieben; Überlieferung und rasm-Autorität sind unabhängig von einander (auch wenn Warš fast immer à la Ibn Naǧāḥ geschrieben wird).
In der Praxis sind die meisten Texte in Sudānī in der Überlieferung Warš, folgen meist Ibn Naǧāḥ, haben drei waṣl-Zeichen, drei hamza-Zeichen, kein nun quṭnī, kein rukuʿ-Zeichen, haben kleine Ersatzbuchstaben zur Längung, haben keine Langvokalzeichen ...
Es gibt aber Ausnahmen:
So gibt das Zentrum in Tehran (مرکز طبع و نشر قرآن کریم Markoz Ṭabʿ-o Našr) Drucke mit seinem Privat-rasm in indischen Stil, in persischen (Nairizī) und arabischen Stil (Uṯmān Ṭaha) heraus.
Und in Tunis sind zwei Ausgaben von Ḥafṣ im maghrebinischen Duktus faksimiliert worden.
Von Zuhair Bāš Mamlūk geschriebene Doppelseite: die Lesart Ḥafṣ im maghribinischen Stil:

Hier eine Stelle aus dem Skript auf 60 Seiten mit der Stelle aus Surat ar-Rūm, wo dreimal das ḍād mit fatḥa (schwarz) oder ḍamma (rot) gelesen werden kann.
Das ist Ḥafṣ auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht ‒ Ḥafṣ hat kein festes Aussehen von Zubair ibn ʿAbdallah al-Ḥanafī für ḥanafitische Osmanen in Tunis geschreiben.

Hier eine Stelle aus dem Skript auf 60 Seiten mit der Stelle aus Surat ar-Rūm, wo dreimal das ḍād mit fatḥa (schwarz) oder ḍamma (rot) gelesen werden kann.
Das ist Ḥafṣ auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht ‒ Ḥafṣ hat kein festes Aussehen von Zubair ibn ʿAbdallah al-Ḥanafī für ḥanafitische Osmanen in Tunis geschreiben.
Montag, 10. Dezember 2018
Wortabstand
Die Schrift sprang nicht fix und fertig aus dem Ei.
Latein hatte erst nur Großbuchstaben und wurde ohne Punkt und Komma continuierlich geschrieben.
Später gab es Mitte-Punkte zur Markierung der Wortgrenzen.
Um 800 schrieb man Kleinbuchstaben.
Klein- und Großbuchstaben auf der gleichen Seite.
Später wurde das systematisiert: Satzanfänge, Namen, (Substantive,) Wichtiges wurde durch Großbuchstaben hervorgehoben.
Alle wissen, dass Arabisch erst keine Diakritika und keine Vokalzeichen hatte,
aber es hatte auch keinen Wortabstand.
Die Grenze markierte man durch spezielle Buchstaben: Endbuchstaben (Iso-Form, falls davor kein verbindender Buchstabe stand).
Da das häufige wau keinen End-Buchstaben hatte, und Alif sehr oft am Anfang stand)
‒ und es nie Alif + Alif IM Wort gibt,
setzte man nach wau am Wortende ein stummtes Alif;
damit war die Sache klar:
die Wortgrenze verläuft zwischen den zwei Alifs.
Und so wie fett-a und kursiv-a keine extra Buchstaben sind,
Groß-A aber doch,
so sind maghrebi-ع, diwani-ع, thuluth-ع keine extra Buchstaben,
ـعEnd aber doch.
Alle Experten plappern nach, was man den Kindern im ersten Schuljahr beibringt:
arabische Buchstaben haben vier Formen.
Stimmt aber nicht:
Wie bei uns für den /a/-Laut einen normalen und einen Anfangs-/Substantiv-Buchstaben gibt,
so gibt es im Arabischen für /b/ einen normale und einen End-Buchstaben.
Formen gibt es fast so viele, wie es Buchstaben dahinter und davor geben kann.
Die Schreibmaschine zeigt wie es wirklich ist:
10x eine From
16x zwei Formen.
Aber Unicode war so dumm wie die Erstklässler:
Sie legten als internationalen Standard fest:
Arabische Buchstaben haben vier Formen!
Sonntag, 9. Dezember 2018
Vokalkürzung
Bei Langvokalen und bei der Assimilation von Konsonanten sind Afrikaner und Araber genau.
Doch bei der Vokalkürzung ‒ dem kurz-Sprechen von lang-Geschriebenem ‒ sind sie überheblich nachlässig.
Das ist bei den Machern des Gizeh-Korans und bei Dar al-Maʿrifa besonders ärgerlich:
Wenn man schon Zeichen für absolute Stummheit (den Kreis), für Stummheit,
wenn nicht davor eine Pause eingehalten wird (das waṣl-Zeichen) und
für Stummheit, wenn danach keine Pause kommt (die Null) einführt ‒
was an sich löblich ist ‒, dann ist es eine Unverschämtheit, festzulegen,
dass letzteres Zeichen nur verwendet ist, wenn die Sache nicht selbstverstänlich ist.
Ich will das am Schluss des siebten Verses der dritten Sure verdeutlich, dem Vers, den ich in meinem Bilderbuch "Kein Standard" zig mal ‒ mit jeweils anderen Pausen(zeichen) ‒ zitiere, zeigen:
Um das Bild g r o ß zu sehen, klicken Sie ‒ wie in allen blogger.com-Blogs ‒
auf das Mini-Bild und dann mit rechts auf das rößere Bild, dann "Grafik in neuem Tab öffnen",
dann in den neuen Tab und (falls zu sehen) auf Plus, et voilà.
Es geht um das vorletzte Wort:
In der ersten (indischen) Zeile sehen sie nach „ʾilā“ ulu mit zwei kurzen /u/, geschrieben mit ḍamma und NICHTS über beiden wau, die also beide beim Lesen zu ignorieren sind.
Darunter UT, Muḫallalātī und Alger 1931 mit einem Kreis über dem ersten wau und über dem alif nach dem zweiten wau (und waṣl über dem zweiten alif),
doch über dem zweiten wau fehlt die Null, weil nach den zwei stummen Alifs zwei Konsonanten, nämlich
lām und hamza, kommen, steht das wau in einer geschlossenen Silbe, ist "also" (ha ha ha) kurz.
Auch im osmanischen mushaf steht zwar unter dem ersten wau qaṣr, nicht aber unter dem zu kürzenden zweiten wau.
So verfährt auch Dar al-Maʿrifa: Lässt das zweite wau schwarz.
In Indonesien jedoch sind zwei wau und zwei alif himmelblau = stumm.
In meiner taǧwīd-Fassung sind alle Buchstaben, die absolut stumm sind (die alifs tragen ja ‒ nach heutigem Verständnis nur die hamzāṭ, sind als alifs stumm), nur in Umrissen zu sehen. Das zweite wau aber ist grau, weil im Kontext gekürzt.
Die Ausgabe von Dar al-Riyaḍa (mit den Dreiecken über den Buchstaben) verfährt wie die indonesischen,die türkische taǧwīd-Ausgabe hat ebenfalls vier graue Buchstaben ‒ die Ovale über den lāms entsprechen ǧazm = bedeuten Vokallosigkeit.
Samstag, 8. Dezember 2018
der 1924er, Gizeh
Der Gizeh-Koran
‒ ist kein Azhar-Koran
‒ hat keine Welle von Korandrucken ausgelöst,
weil es endlich einen festen, autorisierten Text gab
‒ wurde nicht umgehend der von Sunniten und Schiʿiten akzeptierte Koran
‒ trug nicht wesentlich zur Verbreitung der Lesung Ḥafṣ bei,
er wurde weder 1923 noch am 10.7.1924 veröffentlicht.
Doch er vertrieb die grottenschlechte Gustav-Flügel-Ausgabe aus deutschen Studierstuben,
‒ hatte ein Nachwort namentlich genannter Herausgeber,
‒ gab darin seine Quellen an,
‒ übernahm ‒ außer der kufischen Zählung,
und den Pausenzeichen, die auf östlichen Quellen fußten
‒ den maghrebinischen rasm (weitgehend nach Abū Dāʾūd Ibn Naǧāḥ)
‒ die maghrebischen kleinen Ersatzvokale zur Längung
‒ die maghrebischen Schreibung von führendem Alif/hamza+Vokal am Wortanfang mit einem Hamza-Zeichen auf oder unter dem Alif,
während Asien auf das Alif nur ein Vokalzeichen setzt;
‒ die maghrebischen Schreibung von Alif-waṣl mit einem waṣl-Zeichen während in diesem fall in Asien nichts stehr, wodurch das Alif/hamza stumm ist
(im Gizeh-Koran haben ḥurūf al-madd kein sukūn wie in Asien, außer sie sind Teil eines Diphtongs, nicht bloß längend)
‒ die maghrebischen Unterteilung der Dreißigstel (jedoch ohne Achtel-ḥizb)
‒ die maghrebischen Grundlinienhamzae vor Alif am Wortanfang (ءادم statt اٰدم).
‒ die maghrebischen Falschschreibung von /allāh/ als /allah/
‒ die maghrebische Schreibung am Surenende, die davon ausgeht, dass unmittelbar danach die nächste Sure gesprochen wird (und zwar ohne Basmala): tanwin wird dann tanmīm
‒ die maghrebischen Unterscheidung in drei Sorten tanwin (übereinander, nacheinander, mit mīm)
‒ die maghrebischen Abwesenheit von nūn quṭni.
‒ die maghrebischen Nicht-Schreibung der Vokalkürzung
‒ das maghrebisch (und indische) Herunterziehen des hmaza-Zeichens durch kasra
nach G24 zieht kasra das Hamza runter, während es im Osmanischen und Persischen oben bleibt.
‒ die maghrebische Schreibung der Assimilation
während in Osm die Assimilation nicht notiert wird
(in den drei osmanischen Beispielen (Muḥ. ʾAmīn ar-Rušdī, Ḥasan Riḍā, Muṣṭafa Naẓīf Qadirġalī) bekommt der assimilierte Buchstaben
ein Sukūn, in G24 wie in den Warš-Ausgaben darunter (Fez, Algiers) bekommt der assimierende Buchstabe ein šadda, der assimiiierte nichts.
Neu war die Differenzierung des maghrebischen Sukūn in drei Zeichen:
‒ das ǧazm in Form eines ǧīms ohne Schwanz und ohne Punkt für Vokallosigkeit,
‒ den Kreis für „immer zu überlesend“,
‒ die Null für „hier zu überlesend“.
‒ plus der Abwesenheit jedes Zeichen für Nicht-zu-Sprechend, da assimiliert.
Ferner Wortabstand,
Grundlinienorientierung und
exakte Platzierung von Punkten und Strichen.
Offset brachte gegenüber Typendruck das Höher-Setzen von kasras:
Statt unter den Buchstaben sind sie unter dem Kernbuchstaben: auf Höhe der Unterlinien (م ) und Schwänzen (ح ع س ص ـهـ ل ي ).
Dazu wird ein Bürstenabzug der gesetzten Seite gemacht. Dann werden die kasras rausgeschnitten und etwas höher geklebt:
so tief wie م oder in den Schwanz von ح ع .
Wenn wenn es vorher (etwa 1888 in Delhi) Drucke mit Nummern nach jedem Vers gab,
so hat er wohl zur Verbreitung dieser Praxis beigetragen.
Er war auch nicht der erste "innermuslimische Korandruck".
Neuwirth mag sich mit dem Koran auskennen, von Korandrucken hat sie null Ahnung,
denn seit 1830 gab es viele, seit 1875 sehr, sehr viel Korandrucke von Muslimen
und schon an den sechs St.Petersburger Drucken von 1787-98 waren Muslime stark beteiligt.
Ein Typendruck war es auch nicht, sondern ‒ wie alle außer Venedig, Hamburg, Padua, Leipzig,
St.Petersburg, Kazan, zweien in Tehrān (mit den gleichen Typen), zweien in Hooghli, zweien in Calcutta und einem in Kanpur
‒ Flachdruck, wenn auch nicht mehr mit Steinplatte, sondern Metallplatte.
Es war auch nicht der erste, der von sich sagte, „den rasm al-ʿUṯmānī“ wiederzugeben.
Zwei Titelseiten von Lucknow-Drucken von 1870 und 1877.
1895 erschien in Būlāq ein Koran im ʿuṯmānischen rasm, was vielleicht „unvokalisiert“ bedeutete.
Kitāb Tāj at-tafāsīr li-kalām al-malik al-kabīr taʼlīf Muḥammad ʿUṯmān ibn as-Saiyid
Muḥammad Abī Bakr ibn as-Saiyid ʻAbdAllāh al-Mīrġanī al-Maḥǧūb al-Makkī.
Wa-bi-hāmišihi al-Qurʼān al-Maǧīd marsūman bi’r-rasm al-ʿUṯmānī.
Bis auf die Folge IsoHamza+Alif, die 1890 und 1924 aus dem Maghreb übernommen wurde (alif+madda ging ja nicht, da madda zur Längung schon vergeben war) ist hier schon alles so wie 1924.
Der Text der KFA ist übrigens keine Rekonstruktion, was Bergsträßer Muḥammad ibn ʿAlī ibn Ḫalaf al-Ḥusainī al-Mālikī aṣ-Ṣaʿīdī al-Ḥaddād einfach geglaubt hat: Er folgt nicht genau
Abū Dāʾūd Sulaiman Ibn Naǧāḥ al-Andalusī (gest. 496/1103)
und auch nicht Abu ʿAbdallah Muḥammad ibn Muḥammad al-Ḫarrāz (gest. 718/1318),
sondern (außer an etwa 100 Stellen) den gängigen Warš-Ausgaben.
Auch die Übernahme vieler marokkanischer Besonderheiten (siehe oben),
die teils 1952 revidiert wurden, plus dem Fallen-Lassen von asiatischen Zeichen ‒ plus der Tatsache, dass das Nachwort zu Beidem schweigt ‒ ist ein klares Zeichen dafür,
dass al-Ḥusainī al-Ḥaddād al-Mālikī eine Warš-Ausgabe adaptierte
‒ d.h. deren Schreibung (ent-waršet) übernahm, nicht ihr layout.
Alle ägyptischen Leser kannten die Lesungen Warš und Qālun.
Als Malikī kannte al-Ḥusainī al-Ḥaddād vermutlich Warš-Ausgaben
noch besser als die meisten.
Es gab den angeblich 1924 etablierten Text nicht nur im Maghreb und
in Kairiner Warš-Drucken, sondern auch schon in Būlāq gesetzt im Jahrhundert davor.
Nun zum Erscheinungsdatum.
Man findet 1919, 1923, 1924 und 1926 in Bibliotheken und bei Gelehrten.
Nach heutigen bibliothekarischen Regeln gilt 1924, weil das steht im Erstdruck
Es stimmt aber nicht. Es steht nämlich in dem Werke selbst, dass sein Druck am 10.7.1924 abgeschlossen worden sei. Das kann aber nur bedeuten, dass an diesem Tag der Druck des qurʾānische Textes abgeschlossen worden war. Die Widmung für den König, die Nachricht über den Abschluss des Druckes kann erst danach gesetzt worden sein; sie und das gesamte Nachwort wurden erst danach gedruckt, und das Werk ‒ ohne Titelseite, ohne Gebet zum Abschluss ‒ wurde erst danach ‒ wohl wieder in Būlāq, wo schon gesetzt und montiert worden war ‒ gebunden ‒ und das war erst 1925, es sei denn man hat erstmal zehn Exemplare gebunden und die dann "veröffentlicht", was nicht wahrscheinlich ist.
Weil in Wikipedia Fuʾāds Königsmonogramm als das seines Sohnes ausgegeben wird,
hier seins (wenn auch völlig belanglos):
Freitag, 7. Dezember 2018
Impressum
Angaben nach §5 TMG:
Arno Schmitt
Gustav-Müller-Str. 10
10829 Berlin
Kontakt:
arnoas@live.de
Verantwortlich für den Inhalt nach §55(2) RStV:
Arno Schmitt
Arno Schmitt
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Arno Schmitt
Indien1800 Langvokale
Gabriel Said Reynolds und andere sagen, alle Korane seien gleich: Buchstabe für Buchstabe.
Asiaten haben drei Kurzvokalzeichen und drei Langvokalzeichen (und Sukūn/Ǧazm). Doch nach den heutigen IPak-Regeln benutzt man bei ū und ī die Kurzvokalzeichen, FALLS der passende Vokalbuchstabe folgt. Bei Lang-/ā/ benutzten Perser und Osmanen/Türken immer das Langvokalzeichen, Inder benutzen es heute nur, wenn kein Alif folgt (also wau, [punktloses] yāʾ oder gar kein Vokal); kommt danach ein Alif, bekommt der Konsonant davor nur ein Fatḥa. Bei Lang-/ī/ benutzten Perser und Osmanen immer das Lang-ī-Zeichen (egal ob yāʾ folgt oder nicht); Inder verfahren heute ähnlich wie bei /ā/: folgt kein yāʾ, steht das Lang-ī-Zeichen: vor yāʾ aber steht (nur) Kasra und das yāʾ bekommt ein ǧazm. (nach IPak sind zeichenlose Buchsaben stumm!) Bei Lang-ū setzen die Osmanen "madd" unter ein wau; bei dem gelängten Personalpronomen -hū bleibt die Längung unnotiert. Inder und Indonesier benutzen das Lang-ū-Zeichen, aber das Kurz-u-Zeichen vor wau. Und jetzt kommt meine Beobachtung aus der Vordruckzeit. Um 1800 benutzten Inder immer das Lang-ū-Zeichen, folgendes wau blieb ohne jedes Zeichen: war also stumm (beim Lesen zu ignorieren) ‒ wenn es zweiter Teil des Diphtongs /au/ ist, bekam und bekommt es ein Ǧazm, ist also zu spechen. Immer das Lang-ī-Zeichen. Immer das Lang-ā-Zeichen. Anders gesagt: 1800 gab es zwei Systeme, Langvokale zu notieren: das maghrebinische, das immer zwei Teile, ein Vokalzeichen (fatḥa, kasra, ḍamma, imāla-Punkt) und einen Längungsvokal (zum rasm gehörend oder Ergänzung), umfasst. Sowie ein indisches System, das ganz auf Langvokalzeichen beruhte, in dem die im rasm vorhandenen Vokalbuchstaben komplett ignoriert wurden. Das maghrebinische System gilt heute in Afrika und Arabien. Das indische System gilt in der Türkei, in Persien und Indien (und Indonesien) in abgeschwächten Formen. In Indien (und Indonesien) gilt IPak, wo Lang-ā vor (punktlosem) yāʾ weiter benutzt wird, vor alif aber durch Kurz-a + fatḥa ersetzt wurde (hier folgt man dem afrikanischen System), und über ī-yāʾ und ū-wau ǧazm steht + davor kasra und ḍamma um Langvokale auszudrücken (also ähnlich wie in Afrika). Das alte indische System gilt nur noch, wo kein Vokalbuchstabe folgt.Wie verbreitet dies klare indische System war, weiß ich nicht. Eine Handschrift aus Kaschmir verfuhr wie die meisten persischen maṣāḥif. für eine andere, siehe
the various editions of the Qur’an printed today (with only extra-ordinary exceptions) are identical, word for word, letter for letter."Introduction" to The Qur'ān in its Historical Context, Abingdon: Routledge 2008, p.1Was für ein Unsinn. Es gibt wohl tausend verschiedene Arten, Korane zu schreiben oder zu setzen. Dass heißt nicht, dass die Korane Unterschiedliches besagten. Das tun sie nicht. Dafür sind sie ähnlich genug. Die Unterschiede, die der genau gleiche Text, bei der Auslegung erlaubt, sind bestimmt 100x bedeutender, als alle Unterschiede zwischen verschiedenen Drucken. Viele Unterschiede sind rein orthographisch (so wie Folxheršaft und Volksherrschaft, night und nite, le roi und le rwa), andere verändern zwar den Sinn eines Wortes, ja eines Satzes, ändern aber nicht wirklich den Abschnitt. Mir geht es überhaupt nicht um Widersprüche im Koran, um inhaltliche Unterschiede zwischen einem bestimmten und einem anderen, mir geht es nur um Unterschiede der Orthographie (also der Schreibung der Worte und der Regeln). Mir geht es auch nicht um die Unterschiede zwischen den sieben/zehn kanonischen Lesern, den vierzehn/zwanzig Übermittlern, den hunderten Tradenten. Diese betreffen in erster Linie die Lautgestalt (auch mal ein "min" oder "wa", ein alif oder eine Konsonatenverdopplung mehr oder weniger); die Varianten sagen nur, ob man einen Vokal fünffach oder dreifach längt, ob man zwischen zwei Suren die Basmala wiederholt oder vor einer bestimmten ein Takbir spricht. Um all dies geht es mir nicht. Mir geht es um die Unterschiede zwischen osmanischen und marokkanischen, persischen und indischen Koranen ‒ und darum, worin sich der amtliche ägyptische Koran von 1924 von denen davor unterscheidet. Denn darüber zirkuliert viel Unsinn. Korane unterscheiden sich auf hundert Weisen. Dies werde ich nicht systematisch darstellen. Etwa Lesart, Schreibstil, Zeilen je Seite, ob Verse auf zwei Seiten verteilt sein dürfen, ob 30.tel auf einer neuen Seite anfangen müssen, ob rukuʿat im Text und am Rand angezeigt werden, ob die Verse Nummern und ob die Seiten Kustoden haben, ob es ein, drei, vier, fünf, sechs ... oder sechszehn Pausenzeichen gibt. All dies kann vorkommen, wird aber nicht durchdekliniert werden. Den Augenmerk richte ich auf zwei Punkte: die Schreibung der Wörter, sozusagen das koranische Vokabular ‒ wobei aber (anders als im Duden) das gleiche Wort nicht an allen Stellen gleich zu schreiben ist; die Regeln, wie Vokallänge, -kürze und Diphtonge, wie Assimilation von Konsonanten notiert werden. Besonders interessieren mich die Drucke. Es gibt zwei Hauptschreibweisen/Regeln: afrikanisch (maghrebinisch, arabisch) und asiatisch (indopakistanisch, indonesich, persisch, osmanisch): Für lange Vokale brauchen Afrikaner immer zwei Zeichen: ein Vokalzeichen und einen passenden längenden Vokalbuchstaben; steht der nicht im rasm, wird er klein ergänzt (oder ein eigentlich unpassender wird durch ein Wandelalif passend gemacht).
Asiaten haben drei Kurzvokalzeichen und drei Langvokalzeichen (und Sukūn/Ǧazm). Doch nach den heutigen IPak-Regeln benutzt man bei ū und ī die Kurzvokalzeichen, FALLS der passende Vokalbuchstabe folgt. Bei Lang-/ā/ benutzten Perser und Osmanen/Türken immer das Langvokalzeichen, Inder benutzen es heute nur, wenn kein Alif folgt (also wau, [punktloses] yāʾ oder gar kein Vokal); kommt danach ein Alif, bekommt der Konsonant davor nur ein Fatḥa. Bei Lang-/ī/ benutzten Perser und Osmanen immer das Lang-ī-Zeichen (egal ob yāʾ folgt oder nicht); Inder verfahren heute ähnlich wie bei /ā/: folgt kein yāʾ, steht das Lang-ī-Zeichen: vor yāʾ aber steht (nur) Kasra und das yāʾ bekommt ein ǧazm. (nach IPak sind zeichenlose Buchsaben stumm!) Bei Lang-ū setzen die Osmanen "madd" unter ein wau; bei dem gelängten Personalpronomen -hū bleibt die Längung unnotiert. Inder und Indonesier benutzen das Lang-ū-Zeichen, aber das Kurz-u-Zeichen vor wau. Und jetzt kommt meine Beobachtung aus der Vordruckzeit. Um 1800 benutzten Inder immer das Lang-ū-Zeichen, folgendes wau blieb ohne jedes Zeichen: war also stumm (beim Lesen zu ignorieren) ‒ wenn es zweiter Teil des Diphtongs /au/ ist, bekam und bekommt es ein Ǧazm, ist also zu spechen. Immer das Lang-ī-Zeichen. Immer das Lang-ā-Zeichen. Anders gesagt: 1800 gab es zwei Systeme, Langvokale zu notieren: das maghrebinische, das immer zwei Teile, ein Vokalzeichen (fatḥa, kasra, ḍamma, imāla-Punkt) und einen Längungsvokal (zum rasm gehörend oder Ergänzung), umfasst. Sowie ein indisches System, das ganz auf Langvokalzeichen beruhte, in dem die im rasm vorhandenen Vokalbuchstaben komplett ignoriert wurden. Das maghrebinische System gilt heute in Afrika und Arabien. Das indische System gilt in der Türkei, in Persien und Indien (und Indonesien) in abgeschwächten Formen. In Indien (und Indonesien) gilt IPak, wo Lang-ā vor (punktlosem) yāʾ weiter benutzt wird, vor alif aber durch Kurz-a + fatḥa ersetzt wurde (hier folgt man dem afrikanischen System), und über ī-yāʾ und ū-wau ǧazm steht + davor kasra und ḍamma um Langvokale auszudrücken (also ähnlich wie in Afrika). Das alte indische System gilt nur noch, wo kein Vokalbuchstabe folgt.Wie verbreitet dies klare indische System war, weiß ich nicht. Eine Handschrift aus Kaschmir verfuhr wie die meisten persischen maṣāḥif. für eine andere, siehe
Donnerstag, 6. Dezember 2018
Die König-Fuʾād-Ausgabe
Seit 1972 in einem zugemauerten Dachboden der Großen Moschee von Ṣanʿāʾ Tausende sehr alter Koranfragmente entdeckt wurden, genauer seit 2004 Sergio Noga Noseda hochaufgelöste Farbphotographien herstellen durfte, seit Wissenschaftler erkannt haben, dass Blätter, die in bis zu sieben verschiedenen Sammlungen aufbewahrt werden, zusammen gehören und man diese ‒ dank online- bzw. Druck-Publikationen ‒ studieren kann, seit man Tausende in Stein geritzte Kurztexte aus Syrien, Jordanien und Sa'udi-Arabien (immer besser) lesen kann, ist die Erforschung der arabischen Sprache und Schrift der Jahrhunderte unmittelbar vor und nach Muḥammad der aufregendste Teil der Islamkunde.
Seit der Zerstörung der Zwillingstürme in Manhattan sind Überlegungen über den Islam als spätantike Zivilisation und/oder mit Judentum und Christentum verwandte Religion besonders beliebt.
Leider äußern sich die ExpertInnen auf diesen interessanten Gebieten auch zu einem Thema, das sie nicht studiert haben ‒ weil nicht interessant genug ‒ und schreiben dazu fast nur Unsinn.
Auf dem Gebiet der gedruckten Koran-Ausgaben muss aufgeräumt werden. Und das will ich hier tun.
Viele deutsche Orientalisten bezeichnenden den amtlichen ägyptischen Koran von 1924/5 als „den Standardkoran“, andere nennen ihn „Azharkoran“.
Über die König-Fuʾād-Ausgabe, den Gizeh-Koran, den Vermessungsamt-Druck (المصحف الشريف لطبعة مصلحة المساحة المصرية), dem 12-Zeiler (مصحف 12 سطر), zirkulieren viele falsche Ideen. Einige glauben, eine Handschrift vor Augen zu haben.
Typendruck ist ein Hochdruckverfahren. Die Typen hinterlassen auf dem Papier kleine Vertiefungen: drücken die Druckerschwärze in das Papier. Offset ist ein Flachdruck-Verfahren, bei dem das Papier die Farbe aufsaugt; Vertiefungen kann man nicht finden. Mit den Augen sah Mohr, dass es nicht handgeschrieben war. Dass man aber Typendrucke nur mit dem Tastsinn (nicht dem Gesicht) erkennen kann, weiß er nicht. Und Prof. Dr. Murks auch nicht. „Das ist doch Unsinn, statt aufwändig zu setzen und das EINmal zu drucken, kann man doch besser einen Kalligraphen schreiben lassen.“ Das verkennt den technoiden Genauigkeitssinn der Herausgeber von 1924. Bis heute gibt es außer ʿUṯmān Ṭaha (UT) niemanden, der so genau ist wie der Setzkasten oder der Computer. Zwei Beispiele zu Veranschaulichung.

Während bei UT klar yanhā zu lesen ist, steht in der wunderschönen osmanischen Handschrift naihā; während die drei Vokalzeichen (fatḥa, sukūn, Lang-ā) klar in der richtigen Reihenfolge stehen (es geht ja nicht anders, sie stehen ja alle oben), steht nūn (vielleicht) vor yāʾ (kommt der nūn-Punkt vor den yāʾ-Punkten). Übrigens haben die beiden „Zahn“-Buchstaben bei UT einen Zahn oder Stachel, aber keinen im Hof-Osmanischen! Während es bei UT zwischen heh (ich benutze den Unicode-Namen zur deutlichen Unterscheidung von ḥāʾ) und alif maqṣūra klar nichts gibt, könnte da im osmanischen durchaus ein Zahn sein: Man brauchte nur zwei Punkte darüberzusetzen und es wäre hetā oder so. Zweites Beispiel: wa-malāʾikatihī Während im amtlichen Koran (unten) und bei UT (Mitte) VOR dem Zahn über der Grundlinie ein Ersatzalif-mit-madda schwebt, schwebt im Muṣḥaf Qaṭar (oben) unter der Grundlinie ein hamza-kasra NACH Wandel-Alif mit madda, das den yāʾ-Zahn in ein (dehnendes) Alif wandelt. Das ist nicht schlimm (Klang und rasm sind ja gleich), ist aber eine andere Orthographie und darf nach der Vorstellung von Menschen, die im Koran kein Ungefähr dulden, nicht sein. Nun die ganze Seite 3 im Vergleich. Gizeh-Druck und UT: die Amiriya ist kalligraphischer als UT, was man an den Beispielen am rechten Rand erkennt. Alles in allem folgt UT der Vorgabe. Grundlinie und klares von rechts nach links. Nur beim Abstand zwischen Wörtern ist er weniger modern als die Amiriyya (weshalb Dar al-Maʿrifa den Abstand vergrößert hat).
Seit der Zerstörung der Zwillingstürme in Manhattan sind Überlegungen über den Islam als spätantike Zivilisation und/oder mit Judentum und Christentum verwandte Religion besonders beliebt.
Leider äußern sich die ExpertInnen auf diesen interessanten Gebieten auch zu einem Thema, das sie nicht studiert haben ‒ weil nicht interessant genug ‒ und schreiben dazu fast nur Unsinn.
Auf dem Gebiet der gedruckten Koran-Ausgaben muss aufgeräumt werden. Und das will ich hier tun.
Viele deutsche Orientalisten bezeichnenden den amtlichen ägyptischen Koran von 1924/5 als „den Standardkoran“, andere nennen ihn „Azharkoran“.
Über die König-Fuʾād-Ausgabe, den Gizeh-Koran, den Vermessungsamt-Druck (المصحف الشريف لطبعة مصلحة المساحة المصرية), dem 12-Zeiler (مصحف 12 سطر), zirkulieren viele falsche Ideen. Einige glauben, eine Handschrift vor Augen zu haben.
Nachtrag 2025: So kürzlich Asma Hilali in einem dem 1924er Koran gewidmeten Sonderheft der Zeitschrift der Kairiner Dominikaner MIDEO: « Muḥammad ʿAbd al-ʿAzīz al-Rifāʿī (m. 1936) éta[i]t le calligraphe [et l'éditeur] du Coran du Roi Fuʾād. »Andreas Ismail Mohr und Prof. Dr. Murks nennen die Ausgabe „Typendruck“. Dabei macht das Nachwort ‒ von 1926 bis 1951 noch deutlicher als 1924/5 und seit 1952 ‒ alles klar. Die von Ägyptens šaiḫ al-maqāriʾ Muḥammad ibn ʿAlī ibn Ḫalaf al-Ḥusainī al-Mālikī aṣ-Ṣaʿīdī al-Ḥaddād (1282/1865‒1357/ 22.1.1939) ‒ nicht zu verwechseln mit dem Kalligraphen Muḥammad ibn Saʿd ibn Ibrāhīm al-Ḥaddād (1919‒2011) ‒ geschriebene Textvorlage wurde in Būlāq mit fünf Etagen je Zeile gesetzt (Pausenzeichen; fatḥa, damma, sukūn; Buchstaben [bei Grundlinien-hamza inkl. des Vokalzeichens]; kasra; Abstand). Daraus wurden im Vermessungsamt ‒ wo man mit dem Drucken von Landkarten schon Offset-Erfahrung hatte ‒ Druckplatten. Dort wurde auch gedruckt.
Typendruck ist ein Hochdruckverfahren. Die Typen hinterlassen auf dem Papier kleine Vertiefungen: drücken die Druckerschwärze in das Papier. Offset ist ein Flachdruck-Verfahren, bei dem das Papier die Farbe aufsaugt; Vertiefungen kann man nicht finden. Mit den Augen sah Mohr, dass es nicht handgeschrieben war. Dass man aber Typendrucke nur mit dem Tastsinn (nicht dem Gesicht) erkennen kann, weiß er nicht. Und Prof. Dr. Murks auch nicht. „Das ist doch Unsinn, statt aufwändig zu setzen und das EINmal zu drucken, kann man doch besser einen Kalligraphen schreiben lassen.“ Das verkennt den technoiden Genauigkeitssinn der Herausgeber von 1924. Bis heute gibt es außer ʿUṯmān Ṭaha (UT) niemanden, der so genau ist wie der Setzkasten oder der Computer. Zwei Beispiele zu Veranschaulichung.

Während bei UT klar yanhā zu lesen ist, steht in der wunderschönen osmanischen Handschrift naihā; während die drei Vokalzeichen (fatḥa, sukūn, Lang-ā) klar in der richtigen Reihenfolge stehen (es geht ja nicht anders, sie stehen ja alle oben), steht nūn (vielleicht) vor yāʾ (kommt der nūn-Punkt vor den yāʾ-Punkten). Übrigens haben die beiden „Zahn“-Buchstaben bei UT einen Zahn oder Stachel, aber keinen im Hof-Osmanischen! Während es bei UT zwischen heh (ich benutze den Unicode-Namen zur deutlichen Unterscheidung von ḥāʾ) und alif maqṣūra klar nichts gibt, könnte da im osmanischen durchaus ein Zahn sein: Man brauchte nur zwei Punkte darüberzusetzen und es wäre hetā oder so. Zweites Beispiel: wa-malāʾikatihī Während im amtlichen Koran (unten) und bei UT (Mitte) VOR dem Zahn über der Grundlinie ein Ersatzalif-mit-madda schwebt, schwebt im Muṣḥaf Qaṭar (oben) unter der Grundlinie ein hamza-kasra NACH Wandel-Alif mit madda, das den yāʾ-Zahn in ein (dehnendes) Alif wandelt. Das ist nicht schlimm (Klang und rasm sind ja gleich), ist aber eine andere Orthographie und darf nach der Vorstellung von Menschen, die im Koran kein Ungefähr dulden, nicht sein. Nun die ganze Seite 3 im Vergleich. Gizeh-Druck und UT: die Amiriya ist kalligraphischer als UT, was man an den Beispielen am rechten Rand erkennt. Alles in allem folgt UT der Vorgabe. Grundlinie und klares von rechts nach links. Nur beim Abstand zwischen Wörtern ist er weniger modern als die Amiriyya (weshalb Dar al-Maʿrifa den Abstand vergrößert hat).
Ebenfalls von Seite 3 Vergleich von Muṣḥaf Qaṭar und UT. Im ersten und letzten Beispiel setzt Abū ʿUmar ʿUbaidah Muḥammad Saliḥ al-Banki die yāʾ-Punkte nicht GENAU unter den Zahn (im ersten Fall wegen des nahen nūn, im zweiten Fall aus Nachlässigkeit). Drei Fälle zeigen Zahn-Buchstaben ohne Zahn. Und ein Knuddel-mīm, was dessen Vokalzeichen (für moderne Leser) falsch sitzen lässt: das mīm steht rechts vom lām, das mīm-Vokalzeichen steht aber links, weil das mīm nach dem lām zu sprechen ist. Es steht also zu Recht „falsch“.
Bevor ich aufhöre (für Heute): ein Stadtplan von Kairo 1920, auf dem ich die Amīriyya und das Grundbuchamt mit Pfeilen in Nil gekennzeichnet habe, außerdem Midan Tahrir und die Stelle, wo neuerdings die Regierungsdruckerei ist. Ferner das Erziehungsministerium und die Nāṣirīya, wo drei der Herausgeber tätig waren.
Alles rechts des Nils plus den Inseln ist Kairo, alles links davon (Imbaba, Doqqi, Gizeh) gehört nicht nur nicht zur Stadt Kairo, sondern liegt in einer anderen Provinz.
Wichtig: Setzerei und Offset-Werkstatt waren mit Auto, Straßenbahn und Boot gut verbunden. Die montierten Seiten hatten keinen weiten Weg.
Die beiden arabischen Texte sind die Druckvermerke von 1924 und 1952, beide aus den Exemplaren der Preußischen Staatsbibliothek, die fünf Ausgaben besitzt.
Und hier die allerletzte (unpagnierte) Seite des Urdruck.
Die beiden arabischen Texte sind die Druckvermerke von 1924 und 1952, beide aus den Exemplaren der Preußischen Staatsbibliothek, die fünf Ausgaben besitzt.
Und hier die allerletzte (unpagnierte) Seite des Urdruck.
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Afrika vs. Asien (Maġrib oder IPak)
Es gibt viele verschiedene Arten, den Koran zu schreiben. Man kann sie in zwei Gruppen einteilen: Afrika, Andalusien, (seit 1924 bzw. 198...
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Der Gizeh-Koran ‒ ist kein Azhar-Koran ‒ hat keine Welle von Korandrucken ausgelöst, weil es endlich einen festen, autorisierten Te...

































